"Wir haben hier eine kleine Oase"

ZEWEN. (cofi) Stolz und in weißen Schürzen ließ sich das erste vierköpfige Team des Pfarrkindergartens St. Martinus vor 56 Jahren fotografieren. Aus der damaligen "Verwahranstalt" für 80 Zewener Kinder, die in einem Raum der Volksschule untergebracht waren, ist inzwischen ein moderner Kindergarten mit neuem pädagogischen Konzept entstanden.

Dürftig waren die Mittel, und arm war die Gemeinde. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges gab es weder Stühle noch Möbel, geschweige denn Spielzeug. Trotzdem sollten 1948 80 Zewener Kinder tagsüber von Sophie Ruhl, der ersten Kindergartenleiterin, betreut werden. In der Festschrift zum 50. Geburtstag erzählte Sophie Ruhl von diesen Anfängen - wie die Not erfinderisch machte, viele Bürger mit Sachspenden halfen, die Kinder viel im Freien waren und sich Spielsachen aus vom Schreiner geschenkten Holzresten bastelten. Das Engagement der Mitarbeiterinnen spricht für sich und ist bis heute Grundstein für die Arbeit des aktuellen Teams. Denn so begreifen sich die 14 Teil- und Vollzeitkräfte um Heilpädagogin und Kindergartenleiterin Petra Kuhn. Nur so könne man effektiv und zum Wohle der Kinder arbeiten, sind sich Petra Kuhn und Marita Olmscheid einig. Olmscheid ist seit mehr als 27 Jahren Erzieherin in der Zewener Einrichtung.Viele unterstützen den Kindergarten

Man müsse neuen Bedürfnissen und veränderten Lebensbedingungen der Eltern begegnen. "Wir arbeiten familienergänzend, schaffen individuelle Lösungen und gehen auf die Wünsche der Eltern ein. Das geht aber nur, wenn die Eltern und das Team bereit sind, Kompromisse einzugehen", sagt die Kindergartenleiterin. Dennoch scheint die Welt in Zewen noch in Ordnung zu sein. "Natürlich gibt es auch bei uns Probleme. Aber wir begreifen uns als kleine Oase", sagt Petra Kuhn. Denn im Dorf seien auch die familiären Strukturen noch weitgehend stabil. Auch die Beteiligung bei Projekten ist für die Zewener Bürger Ehrensache. Vereine, Feuerwehr, Privatpersonen, Geschäftsleute und auch der Ortsbeirat unterstützen den Kindergarten. Die Leiterin: "Die Pfarrgemeinde steht immer hinter uns." Obwohl der Kindergarten 125 Plätze bietet, deckt das nicht die Nachfrage. So reagierte der Träger schnell und erhöhte das Angebot um zehn Plätze. Seit zwei Jahren gibt es außerdem Tagesstättenplätze, die voll belegt sind. Zum nächsten Schuljahr werden zwar 50 Kinder eingeschult. Dennoch werden die Zahlen zunächst nicht rückgängig sein. Um die Kinder nicht durch die großen Gruppen zu überfordern, wird in St. Martinus offen gearbeitet. "Die Kleinen können und sollen selbst entscheiden, wo, mit wem und was sie spielen", erklärt Marita Olmscheid.Schwerpunkt ist die Motorpädagogik

Das kommt auch dem Schwerpunkt der Arbeit, der Motorpädagogik, zugute. Kinder sollen Bewegung und Beweglichkeit trainieren. "Das bedingt eine Förderung der Gedächtnisleistung. Schwächen und auch Defizite können früh erkannt und Eltern mit ihren Kindern an Fachleute überwiesen werden." Wichtiger Bestandteil dafür ist das etwa 2500 Quadratmeter große Außengelände, auf dem mit Hilfe der Eltern ein naturnaher Garten zum Spielen und Toben angelegt wurde. Ein Mal pro Woche unternehmen die Gruppen außerdem Exkursionen in den nahegelegenen Wald. Die Geistesbildung wird in der Zewener Einrichtung jedoch nicht vernachlässigt: Der Elternausschuss hat eine Vorlese-Woche vom 22. bis 26. November organisiert. Gäste wollen den Kindern mit vorgelesenen Geschichten die Welt der Literatur schmackhaft machen.

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