"Wir haben überlebt"

TRIER. (red) Als schulpflichtiges Mädchen erlebte Elisabeth von Cornberg das Kriegsende in Trier. Nur: Von Schulunterricht war keine Rede mehr. Ums Überleben ging es: Winter 1944/45 - die Stadt seit Wochen evakuiert, es gab keine Lebensmittelkarten. In Pallien (damals Koblenzer Straße) wohnend, waren Bunker im Felsen unsere Zuflucht bei Beschuss, wir wähnten uns im toten Winkel sicher. Meine Mutter hatte die Aufforderung zum Weggang getrotzt, da sie sich als Offizierstochter die Ansicht ihres Vaters zu eigen gemacht hatte, dass der Feind auch die zurückgebliebene Bevölkerung achte. Die Häuser unserer Straße waren Standort eines Divisionsstabes. Die wenigen Familien, die geblieben waren, hatten Einquartierung. Ich avancierte als Küchenhilfe zum "Ernährer" der Familie, da ich in Naturalien bezahlt wurde (Schlag aus der Gulaschkanone), und wir erhielten die Aufenthaltsgenehmigung. Als die Einquartierung am 28. Februar abzog, war uns ziemlich mulmig zumute. Die Alliierten, von den Pellinger Höhen kommend, sandten sehr gezielt Geschosse auf den kleinen hölzernen Bahnhof in Pallien, wo wohl Sprengstoff gelagert war, vielleicht zur Sprengung der Moselbrücke. Die Wirkung für unser Haus war verheerend: Sämtliche Fenster waren entzwei, die Türen aus den Angeln, das Dach größtenteils abgedeckt. "Wir sind am Ende", so war der Kommentar unserer Haushälterin. Am Ende waren wir nicht: Die Fenster wurden mit Möbeln verbarrikadiert, die Rollladen heruntergelassen, und tagelang lebten wir im Dunkeln bei Kerzenlicht. Auf dem Dach waren 48 Behältnisse aufgestellt, um bei Regen den Schaden möglichst gering zu halten. Ja, wir haben überlebt. Die Amerikaner rückten am 2. März in Trier ein und nahmen Quartier in der Koblenzer Straße. Da unser Haus zu sehr beschädigt war, wurden wir verschont. Auf den Eisenbahngleisen vor unserer Tür wurden farbige Soldaten stationiert. Deshalb gab mich meine Mutter in die Obhut von Nachbarn, wo ein älterer Mann lebte. Ich fand Beschäftigung als Zimmermädchen zusammen mit einer Nachbarin bei amerikanischen Offizieren der CIA, die, was enorm wichtig war, mich wieder in Naturalien entlohnten. Ab Herbst 1945 ging ich wieder zur Schule. Elisabeth v. Cornberg Trier, damals 16 Jahre alt und Küchenhilfe bei der Wehrmacht

Winter 1944/45 - die Stadt seit Wochen evakuiert, es gab keine Lebensmittelkarten. In Pallien (damals Koblenzer Straße) wohnend, waren Bunker im Felsen unsere Zuflucht bei Beschuss, wir wähnten uns im toten Winkel sicher. Meine Mutter hatte die Aufforderung zum Weggang getrotzt, da sie sich als Offizierstochter die Ansicht ihres Vaters zu eigen gemacht hatte, dass der Feind auch die zurückgebliebene Bevölkerung achte. Die Häuser unserer Straße waren Standort eines Divisionsstabes. Die wenigen Familien, die geblieben waren, hatten Einquartierung. Ich avancierte als Küchenhilfe zum "Ernährer" der Familie, da ich in Naturalien bezahlt wurde (Schlag aus der Gulaschkanone), und wir erhielten die Aufenthaltsgenehmigung. Als die Einquartierung am 28. Februar abzog, war uns ziemlich mulmig zumute. Die Alliierten, von den Pellinger Höhen kommend, sandten sehr gezielt Geschosse auf den kleinen hölzernen Bahnhof in Pallien, wo wohl Sprengstoff gelagert war, vielleicht zur Sprengung der Moselbrücke. Die Wirkung für unser Haus war verheerend: Sämtliche Fenster waren entzwei, die Türen aus den Angeln, das Dach größtenteils abgedeckt. "Wir sind am Ende", so war der Kommentar unserer Haushälterin. Am Ende waren wir nicht: Die Fenster wurden mit Möbeln verbarrikadiert, die Rollladen heruntergelassen, und tagelang lebten wir im Dunkeln bei Kerzenlicht. Auf dem Dach waren 48 Behältnisse aufgestellt, um bei Regen den Schaden möglichst gering zu halten. Ja, wir haben überlebt. Die Amerikaner rückten am 2. März in Trier ein und nahmen Quartier in der Koblenzer Straße. Da unser Haus zu sehr beschädigt war, wurden wir verschont. Auf den Eisenbahngleisen vor unserer Tür wurden farbige Soldaten stationiert. Deshalb gab mich meine Mutter in die Obhut von Nachbarn, wo ein älterer Mann lebte. Ich fand Beschäftigung als Zimmermädchen zusammen mit einer Nachbarin bei amerikanischen Offizieren der CIA, die, was enorm wichtig war, mich wieder in Naturalien entlohnten. Ab Herbst 1945 ging ich wieder zur Schule. Elisabeth v. Cornberg Trier, damals 16 Jahre alt und Küchenhilfe bei der Wehrmacht

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