"Wir sind alle Stadt"

TARFORST. Vor zwei Jahren trat Eckart Leipprand in den Ruhestand, doch die Entwicklung seiner Wahlheimat beschäftigt den langjährigen Leiter des Stadtplanungsamts auch weiterhin. Nicht auszuschließen, dass der erklärte "Fan der Kommune" sich bald auch politisch engagiert.

Der Putz fehlt, und Farbe sucht man vergebens. Auch Tapeten wird man nicht finden, "denn ein Haus besteht ja schließlich aus Stein und nicht aus Papier", sagt Architekt Eckart Leipprand und erläutert die "Philosophie", die in und hinter seinem Anwesen auf dem Trimmelter Hof steckt. Zum Beispiel in Form abgerundeter Ytongpfeiler: Hauptsache keine Kanten, denn "so bin ich halt", fügt der Hausherr hinzu. Eckart Leipprand will nicht anecken und nennt sich selbst einen "konzilianten" Menschen. Er hält viel von "Dialogkultur" und davon, dass man seine Überzeugungen nie mit Gewalt durchsetzen dürfe. Ihn deshalb einen konturenlosen, gar beliebigen Zeitgenossen zu schimpfen, ginge jedoch völlig fehl. Nahezu ein Vierteljahrhundert stand Leipprand an der Spitze des Stadtplanungsamtes, bevor er vor zwei Jahren in Pension ging. "Mein Mann ist halt wuselig"

Dass ihn die Entwicklung seiner Wahlheimat, für die der gebürtige Tübinger längst so etwas wie Lokalpatriotismus empfindet, nicht loslassen würde, war schon zu erwarten. "Mein Mann ist halt wuselig", meint Ulrike Leipprand. Aufmerksam verfolgt er das Stadtgeschehen und meldet sich des öfteren via Leserbrief zu Wort. Leipprand wettert dann gegen "Subventionspopulismus" oder fordert einmal mehr, die Gemeinden zu stärken. Überhaupt: Leipprand ist ein "Fan der Kommune". "Trier ist mehr als 2000 Jahre alt und Rom gibt es noch viel länger. Sehen Sie, die Städte werden immer bestehen bleiben", ist der Stadtplaner a. D. überzeugt und nennt die Kommune den "Kern einer jeden Gesellschaft" und "eigentlichen Ort des Lebens". Lange vor Nationalstaaten und Bundesländern hätten sich Städte etabliert, gibt Leipprand zu bedenken und hält es für fragwürdig, ob erstere auf Dauer Bestand haben werden. Der freundliche Mann mit den wachen Augen gerät ins Philosophieren: "Wer ist denn die Gemeinde?" fragt er eher rhetorisch, um dann selbst die Antwort zu geben: "Das sind wir doch alle. Wir alle sind Stadt." Mit dem Abschieben von Ansprüchen und Verantwortungen auf Regierungen und Verwaltungen konnte Leipprand von jeher wenig anfangen; und das nicht nur, weil er die meiste Zeit seines Berufslebens selbst Teil der Exekutive war. Nie in eine Partei eingetreten

Damals, als Chef des Stadtplanungsamts, habe er immer versucht, sich "neutral" zu verhalten, behauptet Leipprand. Auch deshalb sei er nie einer Partei beigetreten, obwohl "ich dann vielleicht mehr hätte durchsetzen können". Inzwischen jedoch reize es ihn mehr denn je, sich politisch zu engagieren. Vielleicht werde er bald aktiv, deutet der 66-Jährige an und bleibt doch unkonkret: Dass Leipprand hin- und hergerissen ist, ob er wirklich ein politisches Mandat anstreben soll, merkt man ihm an. Zumal da ja noch die Loyalität gegenüber seinem einstigen Dienstherrn ist, der er sich als "Beamter auf Lebenszeit" auch weiterhin verpflichtet fühlt und die ihn bei einem politischen Amt durchaus in Konflikte bringen könnte. Dass der Historikersohn sich ohne die Politik, die er "als unser aller Schicksal" bezeichnet und deren Akteure er durchaus "bewundert", langweilen könnte, ist ohnehin nicht zu erwarten. Denn in und außerhalb der Stadtgrenzen wird er sich zu beschäftigen wissen: als gefragter Referent oder Reisender. Im Herbst werden sich Eckart und Ulrike Leipprand auf große Tour begeben nach China und Tibet, wohin die beiden eine "städtebauliche Exkursion" gebucht haben.

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