"Wir wollen, dass die Überwachung aufhört"

Trier · Unter dem Motto "Stop watching us" zogen am Samstag 200 Demonstranten durch die Trierer Innenstadt. Bundesweit gab es in 39 Städten Proteste gegen Spionage und Überwachung durch ausländische Geheimdienste.

Trier. Bei drückender Hitze und strahlendem Sonnenschein zog sich die Demonstranten-Karawane durch die Trierer Innenstadt. "Wir sind hier. Wir sind laut. Weil man uns die Freiheit klaut", riefen sie im Chor und durch Megafone und sprachen damit auf die von Edward Snowden publik gemachten geheimen Überwachungsprogramme Prism und Tempora an. "Edward Snowden ist für mich ein Held", meinte ein 25-jähriger Demonstrant, doch er schäme sich für Deutschland, weil das Land Snowden hätten aufnehmen müssen.
Ein Vertreter des Chaos Computer Clubs Trier (CCC), der sich selbst "Juice" nennt, sieht im Überwachungsskandal eine Verletzung der Grundrechte, vor allem der Privatsphäre. "Wir wollen, dass die Überwachung aufhört", meinte er und erntete dafür Beifall.
Auf dem Trierer Hauptmarkt legten sich die Teilnehmer symbolisch auf den Boden. Ihre Umrisse wurden mit Kreide nachgezogen, als Zeichen dafür, dass ihre Identität erfasst wurde und ihre Daten nun überwacht werden. "Wir wollen die Regierung aufrütteln", sagt Thomas Heinen, der Vorsitzende der Piratenpartei im Kreisverband Trier/Trier-Saarburg. Kanzlerin Angela Merkel habe betont, dass Deutschland ein Rechtsstaat sei. "Dann soll sie auch in dieser Richtung aktiv werden", verlangt Heinen, "und Verträge mit Amerika eingehen, die diese Überwachung verbieten."
Doug Marchel ist gebürtiger US-Amerikaner aus Arizona, er wohnt in Trier. Auch ihn hat es zur Demonstration gezogen. Er empfindet den Überwachungsskandal als "furchtbar" und "respektlos". Ausdrücklich weist er auf eine Unterscheidung zwischen dem amerikanischen Bürger und den Machenschaften der US-amerikanischen National Security Agency (NSA) hin.
Marchel verfolgt das Geschehen in den Medien. Von Merkel hätte er sich gewünscht, dass sie das Wort erhebt und sagt: "No! You can\'t do that!" - "Nein! Das könnt ihr nicht tun! So geht das nicht!"Extra

Schily mahnt: Der frühere SPD-Bundesinnenminister Otto Schily rät seiner Partei, die Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA nicht als Wahlkampfthema zu nutzen. Man solle nicht so tun, als ob die größte Gefahr für die Menschen in Deutschland von der National Security Agency (NSA) ausgehe. "Die größte Gefahr geht vom Terrorismus und von der Organisierten Kriminalität aus. Ich finde manches Getöse, was da im Moment zu hören ist, nicht angemessen." Die Furcht vor dem Staat trage "teilweise wahnhafte Züge, auch bei manchen Politikern von FDP und Grünen", meinte der Ex-Minister. Datenschutz sei wichtig, aber man dürfe nicht überziehen. So müssten sich die Sicherheitsbehörden darum kümmern, wenn das Internet zur Vorbereitung von Verbrechen genutzt werde. dpa

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