Wo sich der "dicke Otto" wohl fühlt

TRIER. (red) Mit einem profunden Band zu ihren Bauten und Kunstwerken stellt sich die Universität Trier vor. Sein Titel: "Auf der Grünen Wiese".

Fabrikarchitektur, Legoland und ähnliche Begriffe sind oft zu hören, wenn man von dem Campus der Universität auf der Tarforster Höhe spricht. In gewisser Weise drückt dies auch die Distanz aus, mit der Trier und die Trierer noch immer auf ihre Universität blicken. Kaum bekannt ist, dass der in den letzten drei Jahrzehnten sensibel gestaltete Campus eine hohe Akzeptanz bei Studierenden und Lehrenden genießt und zu einem der attraktivsten bundesweit zählt. Noch weniger bekannt ist die Entwicklung der Gesamtanlage von den Anfängen als funktionalistisch geplanter "Höhenstadt" in den 70er-Jahren zu einem organischen Campus, der liebevoll modellierte Hügellandschaften und wirkungsvoll inszenierte Kunstwerke enthält. Nun ist anlässlich der gerade zu Ende gegangenen Landesgartenschau ein umfangreicher Bild- und Textband zur Geschichte der Architektur und Kunstwerke sowie der einzigartigen landschaftlichen Einbindung des Campus mit prachtvollen Aufnahmen des Fotografen Andreas Thull erschienen. Erarbeitet vom Fach Kunstgeschichte als ein praxisbezogenes Projekt mit Studierenden unter Leitung von Professor Bernd Nicolai, werden hier nicht nur handbuchartig die verschiedenen Bauten und Kunstwerke abgehandelt, sondern auch die Entwicklungsgeschichte des Campus aus unterschiedlichen Blickwinkeln vorgestellt. Schon beim ersten Durchblättern des vom Porta Alba Verlag sorgfältig gestalteten und mit teilweise gänzlich unbekanntem Bildmaterial ausgestatteten Bandes wird deutlich, dass die Universität Trier durchaus ein Kind seiner Zeit im boomenden Universitätsbau der 70er- und 80er-Jahre gewesen ist, aber immer wieder eigene markante Akzente zu setzen wusste: so in der Entwicklung des Konzepts einer Universität im Landschaftspark, bei der der weltweit beachtete Münchner Olympiapark Pate gestanden hat. "Kunstgeschichte", so führte Nicolai bei der Präsentation des Bandes aus, "ist auch immer die Bewahrung und Deutung unseres kulturellen Gedächtnisses, auch bis in die jüngste Vergangenheit zum Verständnis unserer Gegenwart." Auch unter diesem Aspekt erscheint der Band zur rechten Zeit, drohen doch wichtige Details der Planungs- und Baugeschichte schon nach gut 30 Jahren in Vergessenheit zu geraten. Der Werkstattbericht von Konrad Müller, dem ehemaligen Leiter des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB), bietet deshalb einen unmittelbaren Einblick in die Planungsinterna beim Universitätsbau. Der internationalen Einbindung sowie dem deutschen Universitätsbau widmen sich Beiträge von Nicolai und Dipl.-Ing. Ralf Dorn, während die Kunst im öffentlichen Raum von Junior-Professorin Ulrike Gehring vergleichend vorgestellt wird. Zum Wahrzeichen der Universität ist mittlerweile der Laokoon 86 von Waldemar Otto geworden, zärtlich der "dicke Otto" genannt. Doch wird schnell deutlich, dass es hier weit mehr zu entdecken gibt. Schließlich setzt Barbara Mikuda-Hüttel den Schwerpunkt auf die Gartenanlagen der Uni, die ihr das unverwechselbare Gepräge gegeben haben. Das "grüne Band" der Parkanlagen des Campus I und II führen zwanglos zu den ambitionierten LGS-Daueranlagen. Anstelle der Vision einer verdichteten Höhenstadt um 1970 wird nun eine Stadtlandschaft im Grünen sichtbar, deren Zentren der Campus I sowie der Petrisberg sein werden. Damals wie heute das Problem: der Anschluss zur Trierer Innenstadt. Auf der Grünen Wiese - Die Universität Trier. Architektur-Kunst-Landschaft, hrsg. von Ralf Dorn, Ulrike Gehring, Bernd Nicolai, Porta Alba Verlag Trier 2004, im Buchhandel 24,90 Euro.

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