Wölflinge im Amtshaus

PFALZEL. Bundesweit haben am Donnerstag die Pfadfinder der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) die Gründung ihres Verbands vor 75 Jahren gefeiert. Fast genauso alt ist der Pfalzeler Stamm der Pfadfinder - mit Abstand der älteste in der Region.

Wer noch nie etwas mit Pfadfindern zu tun hatte, taucht im Gespräch mit ihnen in eine sprachlich unbekannte Welt ein. Von Wölflingen ist da die Rede, von Siedlungen und Stämmen oder von Kothen, den schwarzen Wanderzelten. Und Gebote und Grundtugenden werden aufgezählt, wie Sparsamkeit, Treue und Brüderlichkeit. Sind solch hehre Ziele noch passend für die heutige Handy- und Internetgeneration? Offenbar ja. "Wir könnten 100 Kinder mehr haben, wenn wir nur mehr erwachsene Leiter hätten", meint Wölflingsleiter Detlev Müller, der die jüngsten Pfalzeler Mädchen und Jungen im Alter von sieben bis zehn Jahren betreut. Eine Zeit lang sei der Verband als überholt angesehen worden. "Nun haben wir Eltern, die ausdrücklich für ihre Kinder eine pfadfinderische Erziehung wünschen." Dazu gehören aufrichtige und freundschaftliche Kameradschaft, eigenständige Entscheidungsfindung und das Prinzip "learning by doing". Damit orientieren sich die Georgs-Pfadfinder an den von Robert Baden-Powell formulierten Idealen - er gründete die Weltpfadfinderbewegung vor 97 Jahren in Großbritannien. Der Pfalzeler Stamm mit dem schönen Namen "Pankratius Sauerzapf von Sulzbach", einem Landsknecht des 16. Jahrhunderts, wurde nachweislich in der April/Mai-Ausgabe der DPSG-Zeitung Georgspfadfinder im Jahr 1934 erwähnt. Die Gründung eines Stamms erfordert bestimmte Strukturen, wie das Vorhandensein der vier Altersgruppen von den Wölflingen bis zu den Ältesten, den Rovern. "Wahrscheinlich gab es davor schon eine Siedlung, für deren Gründung die Anzahl von Pfadfindern egal ist", vermutet Müller. Pfalzeler DPSGler waren auch 1937 auf dem "World Jamboree"-Treffen in Vogelenzang (Holland) mit dabei - zwei von ihnen emigrierten von dort nach Amerika. Denn schon drei Jahre früher war das Tragen der pfadfindertypischen Kluft, von Abzeichen oder Fahnen von den Nationalsozialisten verboten worden. 1937 wurde der DPSG-Verband durch die Gestapo zwangsweise aufgelöst - der Pfalzeler Stamm gründete sich zwölf Jahre später wieder neu.Kein Pfadfinder ohne Halstuch

Heute wie früher tragen die Pfadfinder ihre Kluft, Halstücher und Abzeichen. Damals, um Klassenunterschiede zu überbrücken. Heute ist die Uniform ein Zeichen gegen den Markenfetischismus und dient dazu, "dass wir uns von anderen Vereinen unterscheiden", sagt ein Mädchen. Schließlich trügen auch Fußballer Trikots. Seit zehn Jahren ist Markus Kasel Vorsitzender des Stamms und eine der tragenden Säulen. Als einzige DPSG-Gruppe in der Region haben die überkonfessionell ausgerichteten Pfalzeler Georgs-Pfadfinder Gruppenräume von der Stadt angemietet. Dort wird Kochen oder Zeltaufbau geübt, um für die begehrten "Ernstfälle" gewappnet zu sein. Denn Höhepunkte sind die regelmäßigen Lagertreffen, wo schon mal Tausende von Gleichgesinnten zusammen kommen. "Dabei werden dann aus Jux den anderen Gruppen die Fahnen geklaut", berichten die Pfalzeler Wölflinge begeistert.

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