Wohnungen für Flüchtlinge in Trier dringend gesucht

Bis zu 350 Flüchtlinge muss die Stadt Trier in diesem Jahr unterbringen. Sie setzt dabei auf privaten Wohnraum. Voraussichtlich werden aber auch zentrale Standorte benötigt. Konkrete Pläne gibt es für das Burgunderviertel und die Jägerkaserne.

 Das Burgunderviertel. TV-Foto: Friedemann Vetter/Archiv

Das Burgunderviertel. TV-Foto: Friedemann Vetter/Archiv

Foto: friedemann vetter (ve._), Friedemann Vetter ("TV-Upload vetter"

Wolfram Leibe hätte sich für seine erste Pressekonferenz als Oberbürgermeister am gestrigen Montag gerne ein anderes Thema als die Unterbringung von Asylbewerbern ausgesucht. Denn die Zuweisung von 40 bis 50 Flüchtlingen in jedem Monat stellt die Stadt ab dem Herbst vor eine große Herausforderung. Wo sollen all diese Menschen angesichts des schwierigen Wohnungsmarktes in Trier untergebracht werden? "Wir setzen eindeutig auf eine dezentrale Lösung", betont Leibe, "auch weil uns das Risiko einer zentralen Unterbringung bewusst ist."

Stadt Trier ist Mieter

Gesucht werden Wohnungen aller Größen. Die Stadt Trier ist Mieter und Ansprechpartner in allen Belangen. Ein entsprechender Aufruf, den Ende März der damalige Oberbürgermeister Klaus Jensen gemeinsam mit Sozialdezernentin Angelika Birk verfasst hatte, erbrachte immerhin vier Mietverträge. Damit ist laut Birk zumindest für die ersten 40 ankommenden Flüchtlinge eine dezentrale Unterbringung gesichert. Die Dezernentin präsentierte am Montag ein neues Kontaktformular auf der Internetplattform der Stadt (www.trier.de), mit dem sich Menschen, die helfen wollen, unmittelbar an die Verwaltung wenden können. Zwei Hotline-Nummern (0651/718-4541 und -4589) sind zudem ab sofort erreichbar.

Als "Plan B" bezeichnet der Stadtvorstand das, was sich mittelfristig angesichts einer Unterbringungsquote von 500 Menschen ab 2016 kaum vermeiden lässt: die zentrale Unterbringung von Asylbewerbern. Vorgesehen sind dafür die ehemalige französische Wohnsiedlung Burgunderstraße. Einige der derzeit leerstehenden Wohngebäude sind nach Untersuchungen der Stadt kurzfristig beziehbar. In einem zweiten Schritt soll die Jägerkaserne in Trier-West genutzt werden.

"Wir würden in beiden Fällen die städtebaulich geplante Entwicklung nicht stören", sagt Angelika Birk. Die für sozial schwächere Familien vorgesehenen Wohneinheiten würden für Flüchtlinge reserviert. Die Abstimmung mit dem Bund, der noch im Eigentum beider Areale ist, seien weitestgehend erfolgt. In Bürgerinformationen will die Stadt die Menschen in den jeweiligen Stadtteilen informieren. Termine sind am Montag, 4. Mai, 19 Uhr, im Dechant-Engel-Haus, Eurener Straße 8, in Trier-West sowie in Kürenz am 26. Mai.
Mit am Tisch bei der Pressekonferenz am Montag sitzt auch Caritasdirektor Bernd Kettern, als Sprecher der Wohlfahrtsverbände. Denn nach einem ähnlichen Modell wie im Kreis Trier-Saarburg könnte die Koordination der Flüchtlingsarbeit bald auch in Trier organisiert werden.

Der Caritasverband wäre dabei federführend für die Partner Diakonisches Werk, Deutsches Rotes Kreuz und Bürgerservice. Kettern lobt die Stadt Trier für ihre Integrationsbemühungen. "Hier beschränkt sich niemand rudimentär auf die Frage der Unterbringung."

So wird laut Stadtvorstand bereits jetzt amts- und dezernatsübergreifend gearbeitet. Sprachkurse, Integrationskurse, die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (bereits 120 in diesem Jahr) und die Vernetzung mit freien Trägern und Jobcenter seien dabei Themen. Bei einer ganztägigen Veranstaltung im Juni mit thematischen Workshops soll die Entscheidung des Stadtrats umgesetzt werden, einen Runden Tisch Flüchtlinge einzuberufen.

"Für Trier ist das alles eine riesengroße Herausforderung, aber auch eine große Chance", betont Wolfram Leibe bei seiner ersten Pressekonferenz als Oberbürgermeister. Denn viele Flüchtlinge seien jung und hoch qualifiziert. "Wir als Stadt brauchen dafür aber nicht nur mehr Geld vom Bund, sondern auch eine schnelle Anpassung der Gesetzgebung, die derzeit eine schnelle Integration behindert." Meinung

Allein schafft die Stadt es nicht

Von Rainer Neubert

Die Unterbringung von Flüchtlingen ist ein heißes Eisen. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass die Stadtverwaltung erst dann an die Öffentlichkeit geht, wenn konkrete Maßnahmen geplant oder Mietverträge geschlossen sind. Es soll nicht zusätzlich Öl in das Feuer der Spekulation gegossen werden. Denn Proteste wird es geben, wenn die Unterbringung einer größeren Zahl von Asylbewerbern an einem Ort sich nicht vermeiden lässt.

Die Integration ist das Ziel. Gelingen kann diese nur, wenn die Menschen in Wohnungen unterkommen, die im Stadtgebiet verteilt liegen. Voraussetzung ist aber auch, dass ihnen die Chance gegeben wird, schnell Deutsch zu lernen, ihren Beruf auszuüben, die Kinder in Kitas und Schulen zu schicken und den Jugendlichen den Ausbildungsmarkt zugänglich zu machen. Die Ansätze dazu sind gut. Grenzen setzen in vielen Dingen noch Verwaltungsvorschriften und Gesetzgebung. Vor allem kommt es jetzt aber darauf an, dass die Menschen Wohnraum finden. Burgunderviertel, erst recht die Jägerkaserne können nur zweite Wahl sein.
r.neubert@volksfreund.deExtra: Flüchtlinge und die Kommunen

Asylbewerber werden nach maximal drei Monaten in den Aufnahmeeinrichtungen in die Kommunen verlegt. Diese sind dann für die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung zuständig. Jede Gebietskörperschaft muss entsprechend ihrer Bevölkerungsgröße eine bestimmte Zahl von Flüchtlingen aufnehmen. Berechnet wird das nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel.

Dieser sieht für die Stadt Trier eine Quote von 2,7 Prozent aller in Rheinland-Pfalz zu versorgenden Asylbewerber vor. Bis zum Jahr 2014 blieb Trier von der Verpflichtung der Aufnahme von Flüchtlingen verschont, weil die in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) Trier untergebrachten Menschen auf diesen Schlüssel angerechnet wurden. Die Zahl der Asylsuchenden hat aber so zugenommen, dass auch die 1900 Plätze in der Dasbachstraße und in der ehemaligen General-von-Seidel-Kaserne das nicht ausgleichen. Das Land erstattet derzeit den Kommunen für die Dauer des Asylverfahrens monatliche Pauschalen von 513 Euro pro Asylsuchendem.

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