Wolfram Leibe: Weil ich der Beste bin

Trier · Wolfram Leibe (54) geht offensiv in den Wahlkampf. Warum sollen die Trierer den Sozialdemokraten zu ihrem neuen Oberbürgermeister wählen? "Weil ich der Beste der drei Kandidaten bin", sagt Leibe im TV-Interview.

 Zu Besuch beim TV: OB-Kandidat Wolfram Leibe (Mitte) stellt sich den Fragen der TV-Redakteure Jörg Pistorius (links), Michael Schmitz (Zweiter von rechts) und Rainer Neubert (rechts). Mit im Foto: Leibes Pressesprecher Thomas Mares. TV-Foto: KLaus Kimmling

Zu Besuch beim TV: OB-Kandidat Wolfram Leibe (Mitte) stellt sich den Fragen der TV-Redakteure Jörg Pistorius (links), Michael Schmitz (Zweiter von rechts) und Rainer Neubert (rechts). Mit im Foto: Leibes Pressesprecher Thomas Mares. TV-Foto: KLaus Kimmling

Trier. Am 28. September wird die Stadt Trier ihren neuen Oberbürgermeister wählen, Amtsinhaber Klaus Jensen tritt nicht mehr an. Drei Kandidaten gehen ins Rennen: Hiltrud Zock (CDU), Fred Konrad (Die Grünen) und Wolfram Leibe (SPD). Alle drei stellten sich den Fragen des TV, unterteilt in die Themenblöcke Verkehr, Finanzen, Wohnen sowie Organisation und Struktur der Stadtverwaltung. Mit Wolfram Leibe sprachen die TV-Redakteure Jörg Pistorius, Marcus Hormes und Michael Schmitz.
Sie sind seit fünf Monaten Oberbürgermeisterkandidat. Haben Sie diesen Entschluss schon einmal bereut?
Wolfram Leibe: Nein, keine Minute. Wenn ich jetzt manchmal zweimal pro Woche zwischen meinem Arbeitsplatz in Stuttgart und Trier pendle, sage ich mir: Es lohnt sich.
Warum sind Sie für diesen Job besser geeignet als Hiltrud Zock und Fred Konrad?
Leibe: Weil ich der Beste bin. Ich habe sehr großen Respekt vor dieser Aufgabe. Aber sowohl als Mensch als auch in Bezug auf meinen beruflichen Hintergrund bringe ich sehr viel mit.
Glauben Sie, die Trierer müssen am 12. Oktober zur Stichwahl gehen?
Leibe: Ich würde mich für alle drei Kandidaten freuen, wenn wir nach dem ersten Wahlgang schon eine Entscheidung hätten.Thema eins: Der Verkehr


Teilen Sie die Ansicht, dass der Verkehr eines der Hauptprobleme der Stadt Trier ist?
Leibe: Ja. Die Mobilität ist einer der entscheidenden Punkte in Trier. Wir haben mit dem engen Moseltal ein grundsätzliches geografisches Problem.
Das ist nicht das einzige grundsätzliche Problem.
Leibe: Nein. Man hat in Trier die Entwicklungsachse den Berg hinaufgeschoben, ohne die damit verbundenen infrastrukturellen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Und da die Entwicklung in diese Richtung weitergeht, ich nenne als Beispiel das Burgunderviertel, wird auch der Verkehr weiterhin zunehmen.
Wie stehen Sie zu den Projekten West- und Nordumfahrung?
Leibe: Der Moselaufstieg macht für mich keinen Sinn. Er ist eigentlich die Konz-Autobahn. Was haben wir als Trierer davon? Als Projekt für die gesamte Region könnte man darüber diskutieren. Aber alle Gutachten, die mir vorliegen, sagen klar aus, dass der Moselaufstieg nicht wirtschaftlich ist.
Dennoch steht die Autobahn im aktuellen Bundesverkehrswegeplan.
Leibe: Das ist richtig. Meine große Sorge ist, dass das enorm wichtige Wirtschaftlichkeitsgutachten des Bundes noch länger dauern wird und dass Trier von anderen Bundesmitteln für den Straßenbau abgeschnitten wird, die wir dringend brauchen würden, um wichtige alternative, im Verhältnis zum Moselaufstieg kleinere Projekte umzusetzen. Das wäre für uns eine Katastrophe.
Wäre dieses Gutachten für Sie eine entscheidende Größe?
Leibe: Wenn dieses Gutachten zu dem Ergebnis kommt, der Moselaufstieg ist die wichtigste Autobahn in ganz Südwestdeutschland, dann würde ich das als Oberbürgermeister, nach dem vorliegenden Stadtratsbeschluss, auch umsetzen. Nur will ich im Vorfeld auf die Risiken hinweisen. Ich bitte deshalb unsere Bundestagsabgeordneten dringend, diesen Prozess der Erstellung eines Wirtschaftlichkeitsgutachtens zu beschleunigen, damit wir keine Hängepartie erleben. Das wäre der Super-Gau für unsere Stadt.
B itte nennen Sie Beispiele für die eben erwähnten kleineren, aber wichtigen Projekte.
Leibe: Das Moselbahngelände ist für den Durchbruch vorbereitet, und mit diesem würde man den Verkehr aus den Wohngebieten herausbekommen. Wir müssen eine Lösung finden für das Aveler Tal. So könnte man Stadtteil für Stadtteil durchgehen. Ich plädiere für die Umsetzung solcher kleineren Projekte, statt auf den Moselaufstieg zu warten und zu hoffen.
Wie sieht Ihre Vision für den Busverkehr in der Stadt aus?
Leibe: Er muss attraktiver werden. Meine Forderung ist es, den Preis gleichzulassen, aber die Taktfolge zu verdoppeln.Thema zwei: Die Finanzen


Trier hat eine Verschuldung erreicht, deren astronomische Höhe von 700 Millionen Euro das begreifbare Lebensbild des Normalverdieners längst verlassen hat. Wie soll die Stadt dieses Problem jemals lösen?
Leibe: Man muss die geerbte Schuldenlast von der Neuverschuldung trennen. Ich rechne es Klaus Jensen hoch an, dass er das strukturelle Defizit und damit die Neuverschuldung von Jahr zu Jahr reduziert hat. Für 2013 waren mal 80 Millionen Euro kalkuliert - in einem Jahr! Wenn wir Glück haben, landen wir bei 15 bis 20 Millionen statt bei 80.
Eine gute Ausgangslage für den neuen OB.
Leibe: Ja. Damit haben wir im Doppelhaushalt 2015 und 2016 zum ersten Mal seit Ewigkeiten die Chance, ohne neues Defizit auszukommen. Aber wir dürfen jetzt nicht übermütig werden.
Denn die bestehenden Schulden sind ja immer noch da.
Leibe: Im Moment werden pro Jahr zehn Millionen Euro Schulden getilgt. Das heißt, in 70 Jahren wären wir schuldenfrei. Nun sind wir in Trier nicht die einzigen, alle Großstädte in Rheinland-Pfalz haben hohe Schulden, Mainz und Ludwigshafen liegen sogar über einer Milliarde Euro.
Ich werde, falls ich gewählt werde, an diesem in 60 Jahren entstandenen Schuldenberg kurz- und mittelfristig wenig ändern können. Mithilfe eines professionellen Finanzmanagements muss ich dafür sorgen, dass die Neuverschuldung nicht wieder hochfährt.
Die Stadt Trier hat ein breites Spektrum an dringend notwendigen Investitionen.
Leibe: Der OB muss darauf achten, dass politisch klare Prioritäten gesetzt werden. Was ist absolute Pflicht, was ist eher Kür? Ich glaube, das wird ein schwieriger Prozess, der die Stadtratsarbeit aber auch wieder interessanter macht. Wir können wieder ein Stück weit gestalten.
Kann die Stadt Trier sich mehr als 40 Schulen und ein Dreispartentheater leisten?
Leibe: Nein, alles gleichzeitig geht nicht, wir brauchen hier eine ehrliche Diskussion. Wenn der Stadtrat beschließt, dass wir alle Grundschulen in Trier erhalten, dann ist es die Aufgabe des OB, für alle Grundschulen bauliche Standards zu schaffen, die für alle Grundschüler "gute Schule" ermöglichen. Andere Investitionen müssen dann aber anders priorisiert werden. Das Stadttheater, als Gebäude, können wir eh nur mit großer finanzieller Unterstützung des Landes realisieren.Thema drei: Wohnen


Trier ist eine attraktive und gefragte Wohnstadt, der Bedarf übertrifft das Angebot bei weitem, die Preise sind hoch. Wie kann man das ändern?
Leibe: Es ist einfacher, neue Flächen für Wohnbebauung auszuweisen, als Hausbesitzer im Bereich der Altstadt davon zu überzeugen, in ihre Häuser zu investieren und damit Wohnflächen zur Verfügung zu stellen. Der Bedarf von 2000 Wohnungen ist im Flächennutzungsplan zugrunde gelegt. Wir müssen die Umsetzung dieses Flächennutzungsplans und die Sanierung im Altstadtbereich paralleler betreiben, als wir es zurzeit tun.
Es wird zurzeit viel gebaut und saniert, doch dabei entstehen Eigentumswohnungen, die für sehr viele Menschen klar zu teuer sind.
Leibe: Es gibt ein tolles Konzept des Zentralverbandes der deutschen Wohnungswirtschaft. Dieses kommt zum Ergebnis, dass ein Mietpreis von acht Euro pro Quadratmeter einen wirtschaftlich sinnvollen Wohnungsbau für private Investoren hergibt.
Die Stadt hat 700 eigene Wohnungen, jedoch in einem furchtbaren Zustand.
Leibe: Hier sehe ich große Chancen, diese Wohnungen mit Bundes- und Landesmitteln zu sanieren. Ich sehe den Ansatz, diese Wohnungen nicht an eine private, sondern eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft zu überführen.Thema vier: Die Stadtverwaltung


Werden Sie, falls Sie OB werden, eine Reform der Ämter und Dezernate in Angriff nehmen?
Leibe: Was will der Bürger von der Stadtverwaltung, die er ja schließlich über seine Steuern bezahlt? Er will schnelle, freundliche und kompetente Anworten und Dienstleistungen. Wenn er die bekommt, interessiert ihn die interne Struktur überhaupt nicht. Es ist die Aufgabe des OB, diese Struktur zu gestalten. Deshalb habe ich schon in meiner Nominierungsrede angeboten: Jeder Bürger erhält innerhalb von 14 Tagen eine solche Antwort aus dem Rathaus. Das ist der erste konkrete Schritt und für jede Verwaltung schon anspruchsvoll.
Manche Ortsbeiräte warten wesentlich länger.
Leibe: Das ist das nächste Thema. Die klarste Form der Bürgerbeteiligung finden wir in den Ortsbeiräten. Es gehört zu ihrem Job, sich für die Belange des Stadtteiles einzusetzen, und aus Sicht der Stadt nerven die Ortsvorsteher auch manchmal. Aber das ist auch gut so. Mein Ziel ist die Positionierung eines direkten Ansprechpartners für die Ortsvorsteher, um diese direkte Form der Bürgerbeteiligung auch wirklich konkret zu machen.
Ist eine Verstärkung des Stadtvorstands von drei auf vier Dezernenten ein Thema für Sie?
Leibe: Ganz ehrlich, von außen betrachtet kann ich diese Frage nicht klar beantworten. Ein fachlich richtig starker Finanzdezernent hätte für mich einen großen Reiz. Ein verlässlicher Profi, der nichts anderes macht und damit der Stadt über ein stringentes Finanzcontrolling und Schuldenmanagement wahrscheinlich Geld einsparen könnte.
Der derzeitige Stadtvorstand ist nicht gerade für Teamgeist bekannt. Können Sie das ändern?
Leibe: Das müssen wir abwarten. Ich wäre schon sehr angetan, wenn zumindest einer oder eine meine Linie mittragen würde. Mit zwei oder drei Partnern im Stadtvorstand würden wir den Idealzustand für die Zusammenarbeit und damit für die Stadt erreichen.Extra

Wolfram LeibeGeburtsort: Grißheim (Südbaden) Studium: Jura in Freiburg und Hamburg Beruf (unter anderem): Leitung der Trierer Agentur für Arbeit ab 2008, Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg ab 2013 Familie: Seit 1992 verheiratet mit der Anglistik-Professorin Andrea Sand, Tochter Pauline (14) besucht ein Trie rer Gymnasium. jp

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