Wovon lebt der Mensch?

TRIER. Die sechste Klasse der Freien Waldorfschule Trier hat ein Theaterstück nach einer Erzählung von Leo Tolstoi aufgeführt. In "Wovon die Menschen leben" erkennt ein gefallener Engel: Die Menschen leben von der Liebe zueinander.

 Ländliches Russland im 19. Jahrhundert: Die Aufführung "Wovon die Menschen leben".Foto: Hans-Jürgen Sittig

Ländliches Russland im 19. Jahrhundert: Die Aufführung "Wovon die Menschen leben".Foto: Hans-Jürgen Sittig

An einemPfingsttag bei Eis und Schnee entdeckt der Schuster Semjon(gespielt von Sebastian Paulus) in einer Kapelle einen nacktenBettler (Sebastian Vetter). Er nimmt ihn mit nach Hause. Dervermeintliche Bettler ist der gefallene Engel Michailo. Weil erden Auftrag Gottes, die Seele einer Mutter zu holen, die geradeZwillinge geboren hat, nicht erfüllen wollte, ist er solange vomHimmel auf die Erde verbannt, bis er Antworten auf drei Fragengefunden hat: Was wohnt im Menschen? Was ist ihm nicht gegeben?Und wovon lebt der Mensch? Michailo arbeitet fortan geschickt in der Schusterwerkstatt von Semjon. Als eines Tages ein reicher Gutsbesitzer Stiefel in Auftrag gibt, fertigt Michailo Totenschuhe, denn er hat den Totenengel (Sarah Lefort) hinter dem Herrn erkannt.

Nach einigen Jahren kommt eine Frau mit Zwillingen, um ebenfalls Stiefel zu bestellen. Es sind die Zwillinge, deren Mutter Michailo nicht in den Himmel holen wollte. Jetzt hat Michailo auch die Antwort auf die letzte Frage gefunden: Durch die Liebe im Herzen der fremden Frau konnten die verwaisten Zwillinge am Leben bleiben. "Denn die Menschen leben nicht davon, dass sie für sich selbst sorgen, sondern von der Liebe, die in ihnen ist."

Mütter schneidern Kostüme

Das reife und kraftvolle Spiel der Kinder wurde unterstützt durch eine professionelle Ausstattung. Die Mütter Kornelia Letz und Gabriele Thewalt hatten die Kos-tüme geschneidert und genäht. So konnten die Schüler verpackt in Pelzmützen und derben Stiefeln oder bestickten Röcken und bunten Kopftüchern überzeugend in ihre Rollen schlüpfen.

Dass die Illusion perfekt war, dafür sorgten auch die Requisiten; für die waren Barbara Janca und Martina Vetter verantwortlich. Nicht zuletzt: Das von Karl-Heinz Thesen, einem pensionierten Werklehrer der Schule, gestaltete Bühnenbild gab der Aufführung einen professionellen Anstrich.

Mit Musik, Gesang und russischem Volkstanz gaben die Kinder dem Stück Lebendigkeit und Authentizität. Marina Idaczyk übernahm die Choreografie und studierte die russischen Tänze ein. Und auch die Musik unter der Leitung von Renate Kluth versetzte ins ländliche Russland des 19. Jahrhunderts.

Die Erzählung des russischen Autors Leo Tolstoi "Wovon die Menschen leben" hatte die Waldorf-Lehrerin Almut Holzach aus Schwäbisch-Hall zu einem Theaterstück verarbeitet. Drei Nachmittage in der Woche haben die Kinder der sechsten Klasse geprobt, erzählt Klassenlehrer Lothar Löprich, der auch die Regie führte. "Ich musste gar nicht viel arbeiten, die Schüler sind fürs Theaterspielen einfach begabt", lobt Löprich. Ein Vorzug der Aufführung: "Die Kinder konnten das deutliche und laute Sprechen trainieren und das richtige Stimmvolumen entwickeln", sagt Löprich.

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