Würdige Begegnungsstätte für Hinzert

TRIER/HINZERT-PÖLERT. Im Frühjahr 2005 jährt sich die Befreiung des SS-Sonder- und Konzentrationslagers Hinzert zum 60. Mal. Zu diesem Zeitpunkt soll das drei Millionen Euro teure Dokumentationszentrum fertig sein.

Die Kälte kommt von oben aus dem dichten Hochnebel und von unten aus der dünnen Schneedecke. Sie kriecht durch die Parkas, die Lodenmäntel und die Steppjacken. In Hinzert, auf dem Friedhof der Gedenkstätte "ehemaliges SS-Sonderlager/KZ Hinzert", schafft es die Sonne nicht, das kalte, feuchte Grau zu durchdringen. Gedenktag seit 1996

50 Menschen stehen vor einer Informationstafel. Sie nehmen an einer Führung teil, die zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus gehört, der heute begangen wird. Der 27. Januar 1945, das ist der Tag, an dem die Überlebenden des Lagers Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit wurden. Dieser Tag wurde 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Gedenktag bestimmt. "Am Freitag haben alle Parteien im Landtag den Antrag auf Bau eines Dokumentationszentrums in Hinzert angenommen und damit die Restfinanzierung sichergestellt", sagt Dieter Burgard, Landtagsabgeordneter (SPD) und Vorsitzender des "Fördervereins Dokumentations- und Begegnungsstätte ehemaliges KZ Hinzert". Seit seiner Gründung im Jahr 1989 hat der Verein sich um den Bau einer Dokumentations- und Begegnungsstätte auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslager bemüht. Bisher gibt es auf dem Gelände des ehemaligen KZ nur eine Kapelle, die Kreuze der Begrabenen, eine Skulptur und Informationstafeln. Keinen Unterstand für die Treffen der ehemaligen Häftlinge, keinen Platz für Ausstellungen, die das Leid der Gefangenen dokumentieren könnten. Seit im Sommer der Entwurf eines Saarbrücker Architekturbüros in einem Wettbewerb ausgewählt wurde, ist klar: Es wird in Hinzert eine würdige Begegnungsstätte geben. Sie wird 340 Quadratmeter Ausstellungsfläche, einen Seminarraum und eine Bibliothek umfassen. "Das Dokumentationszentrum soll etwa drei Millionen Euro kosten. Vor allem die Erschließung wird sehr aufwändig sein. Die Hälfte der Kosten wird der Bund übernehmen. Die Ausstellungen werden mit EU-Mitteln finanziert, so dass der Landesanteil noch bei etwa 1,3 Millionen Euro liegen wird", erläutert Dieter Burgard. Der Spatenstich ist im September geplant, fertiggestellt werden soll das Dokumentationszentrum bis spätestens Frühjahr 2005. "Der Aufbau wird relativ zügig gehen, denn die Stahlkonstruktion kann schon im vorhinein erstellt werden", erklärt Burgard das Vorgehen. "Das ist wichtig, damit noch so viele von den überlebenden Häftlingen wie möglich an der Eröffnung teilnehmen können." Auch die Grenzen des ehemaligen Lagers sollen dann mit Stegen aus Blech wieder sichtbar gemacht werden. Bisher ist auf dem Ackerland nichts mehr von den Baracken zu sehen, die die französische Besatzung nach dem Krieg abriss - das Holz war in Nachkriegszeiten wertvoller Rohstoff. Klezmer-Musik in der Kapelle

Bei der Führung über das Gelände treten die Besucher frierend von einem Fuß auf den anderen, hören jedoch trotzdem aufmerksam den Mitgliedern des Fördervereins zu, die die Geschichte des Lagers mit Einzelschicksalen illustrieren - wie dem des Luxemburger Widerstandskämpfers Metti Babel, den die Geheime Staatspolizei mit der Drohung, seine Mutter zu verhaften, dazu brachte, sich zu stellen. Für die geplante Wanderung zu der Stelle im Wald, an der 23 Luxemburger Widerstandskämpfer erschossen wurden, ist es an diesem Nachmittag zu kalt. Zum Ausklang drängen sich die Besucher der Gedenkstätte in der kleinen Kapelle zusammen, die 1948 erbaut wurde. Klarinettenklänge mit jiddischer Klezmer-Musik durchdringen das unbeheizte kleine Bauwerk, dann liest Dieter Burgard die Namen der am 25. Februar 1944 ermordeten luxemburgischen Widerstandskämpfer vor.

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