Zahlenspiele und deren Folgen

TRIER. Aufgrund eines Defizits von 390 000 Euro droht der Arena Trier die Insolvenz (der TV berichtete). Die finanzielle Schieflage war offenbar abzusehen: Zwei dem TV vorliegende Berechnungen, von denen zumindest eine dem Sportdezernenten Georg Bernarding bekannt war, konstatierten im Jahr 2001, dass die Halle nicht ohne Defizite zu betreiben sei. Dem Stadtrat wurde dagegen zum Baubeschluss eine dritte Kalkulation vorgelegt, die ab dem ersten vollen Geschäftsjahr mit Gewinnen rechnete.

Der Trierer Stadtrat soll am heutigen Dienstag in seiner Sitzung Finanzspritzen aus dem städtischen Haushalt beschließen, die das 390 000-Euro-Defizit, das die Betreibergesellschaft der Arena nur zwei Jahre nach der Eröffnung der Halle verzeichnet, stopfen sollen. Den Rat dürfte die defizitäre Lage der Arena überrascht haben: Das Gutachten, das ihm im Oktober 2001 als Grundlage zum Baubeschluss vorgelegt wurde, hatte für das Geschäftsjahr 2003/2004 einen Gewinn von knapp 150 000 Euro prognostiziert. "Keine geschönten Zahlen"

Dabei lag dem zuständigen Sportdezernat zu dieser Zeit zumindest eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vor, die klar Defizite aus der Betreibung der Halle vorhersagte.Ein Businessplan der Trierer Werbeagentur Binz&Herbertz (siehe Hintergrund) zeigte – bei unterschiedlichen Ausgangsannahmen – Verluste zwischen rund 129 000 Euro und 438 000 Euro pro Jahr auf. "Aus allen Berechnungen ergibt sich ein Defizit", heißt es in den Erläuterungen.Ein weiteres Gutachten der Firma ISF Sportstättenberatung rechnete alleine aus der Betreibung der Halle mit einem Minus von 35 000 Euro – ohne dabei die anfallenden Kapitalkosten zum Bau der Halle berücksichtigt zu haben. Sowohl Binz&Herbertz als auch ISF griffen bei ihren Berechnungen auf langjährige Erfahrungen in der Betreibung von Veranstaltungs- beziehungsweise Sporthallen zurück. Das Gutachten, das dem Stadtrat schließlich präsentiert wurde, stammte jedoch von dem Trierer Wirtschaftsprüfer- und Steuerberater-Büro Kram&Partner. "Im Verhandlungsverfahren wurde selbstverständlich Wert darauf gelegt, eine möglichst kostengünstige Betreibung der Halle zu ermöglichen. Dies nicht unter dem Aspekt, dem Stadtrat geschönte Zahlen zu präsentieren, sondern um ein optimales Ergebnis zu erzielen", antwortet das Rathaus auf TV-Anfrage. Und ein aktuelles Schreiben der Firma ISF, die heute 30 Prozent an der Castel GmbH hält, führt aus, warum nicht das Gutachten der Trierer Werbeagentur als Grundlage herangezogen wurde: Neben "unschlüssigen Einnahme- und Ausgabepositionen" und einer "deutlichen Abweichung zu Zahlen vergleichbarer Hallen" hätte "das Betreiberangebot durch Binz&Herbertz für die Stadt zu unvertretbar hohen Folgekosten geführt." Das Kram&Partner-Gutachten ging von einem 150 000-Euro-Gewinn schon im ersten vollen Geschäftsjahr aus. "Unseren Annahmen haben wir vergleichbare Pläne ähnlicher Hallen zugrunde gelegt", erläutert Wirtschaftsprüfer Wolfgang Kram auf TV-Anfrage. "Durch veränderte Marktbedingungen konnten die Zahlen in der Realität nicht erzielt werden." Die fehlende Vermarktung des Hallennamens, niedrigere Gastronomieumsätze als kalkuliert sowie das geänderte Nutzungskonzept seien für die Abweichungen verantwortlich. "Ein Gutachten von Binz&Herbertz ist mir nicht bekannt", sagt Wolfgang Kram. Ihm liege von dieser Firma lediglich ein "Zahlenwerk" vor.

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