Zahme Schmusekatzen und riesige Elefanten im Zirkus Charles - Offensiver Umgang mit Kritik von Trierschützern

Trier · Noch bis Sonntag gastiert der Zirkus Charles Knie in Trier. Anders als manche Unterhalter setzt die 96-köpfige Truppe voll auf Wildtiere: 100 Tiere aus 30 Arten turnen durch die Manege. Das Unternehmen steht dazu – und bietet Kritikern einen Blick hinter die Kulissen an.

Noch bis Sonntag gastiert der Zirkus Charles Knie in Trier. Anders als manche Unterhalter setzt die 96-köpfige Truppe voll auf Wildtiere: 100 Tiere aus 30 Arten turnen durch die Manege. Das Unternehmen steht dazu - und bietet Kritikern einen Blick hinter die Kulissen an.Von unserem Mitarbeiter Frank Göbel

Nachdem das Licht im 40 Meter weiten Zirkuszelt im Trierer Messepark gedimmt wurde, setzt typischer Big-Band-Sound ein, anmutige Damen in bunten Kostümen hüpfen dazu durch die Manege. Die Musik stammt dabei nicht aus der Konserve, sondern von einer achtköpfigen Band.

Die Musiker untermalen im Lauf der nächsten zweieinhalb Stunden geschickte Jongleure und wagemutige Trapezkünstler, Hula-Hoop-Tänze und Drahtseilakte. Keine Frage, der Zirkus Charles Knie bietet das klassische Programm. Während andere Veranstalter wie Flic Flac zu hartem Techno moderne Gladiatoren mit Kettensägen jonglieren lassen, setzt man hier noch auf die guten alten Kegel - und jede Menge Tiere: Pferde und Seelöwen, Kamele und Lamas, Rinder und Kängurus hüpfen, watscheln, springen und robben durch die Manege. Höhepunkt der Show sind Elefanten, die sich auf ihre Hintern setzen und ihre Menschenkollegen auf sich herumklettern lassen.

Dafür handelt sich der Zirkus regelmäßig Kritik und Proteste ein, etwa von der Tierrechtsorganisation Peta: Die Haltung der Tiere sei quälerisch, lautet der Vorwurf, das Umherziehen mit dem Tross und die Auftritte in der lauten Manege unzumutbarer Stress. Dem tritt der Betrieb offensiv entgegen - auf der Internetseite und im Programmheft, aber auch in Person des Pressesprechers Patrick Adolph. Der sieht einen unzulässigen Pauschalangriff. "Dabei schauen sich viele von denen, die da protestieren, gar nicht an, was wir hier machen", sagt er.

Der Messepark ist zum Tierpark geworden: Unterstände, Boxen und Volieren wurden errichtet, weitläufige Einzäunungen bieten Elefanten, Pferden und Zebras Auslauf. Die Seelöwen plantschen unter freiem Himmel in 80 000 Liter Wasser. "Den Tieren geht es gut", sagt Adolph. "Sie werden bei uns viel älter als in der Natur, stehen gut im Futter und haben keine Verletzungen." Tatsächlich wirken die Tiere neugierig und agil, viele kommen freiwillig zu den Besuchern an die Zäune. "Das Umherfahren ist auch für Löwen und Elefanten kaum anders als für einen Hund, der ins Auto hopst", sagt Adolph. "Die Tiere sind alle in menschlicher Obhut aufgewachsen und würden in freier Wildbahn gar nicht überleben."

Zurück ins Zelt, wo zur zweiten Vorstellung des ersten Tages die Ränge eher spärlich gefüllt sind. Rund 400 Zuschauer sind da, für 1500 wäre Platz. "Das ist okay", sagt Adolph. Die Zahlen schwankten eben, im Schnitt komme man aber gut weg.

In der jetzt vergitterten Manege macht Tom Dieck Löwen, Tiger und Liger, eine Kreuzung beider Tierarten, zu Schmusekätzchen, die sich vor ihm am Boden rollen und streicheln lassen - eine Dressur, für die der Trainer auf dem Zirkusfestival in Monte Carlo mit Bronze ausgezeichnet wurde.

Bei der Elefantendressur des Italieners Elvis Errani hätten die Tiere Gelegenheit, sich für eventuell erlittenes Unrecht zu rächen, als etwa eins der riesigen Wesen über die Artisten schreitet, die sich vor ihm hingelegt haben.

Ein Publikumsliebling kommt ohne Tiere aus: Der Portugiese Cesar Dias unterhält mit gut getaktetem Slapstick. Mehrfach dürfen Leute aus dem Publikum herhalten, um Ziel seiner Neckereien zu werden. Beim großen Auftritt am Ende geht natürlich alles schief. Vor allem die Kinder im Publikum sind darüber aus dem Häuschen. Zum Schlussbild lächeln alle Akteure nochmal tapfer in die nur teils besetzten Ränge. Das Publikum gleicht die Lücken durch umso kräftigeren Applaus aus.

Vorstellungen: täglich 15.30 Uhr und 19.30 Uhr (sonntags 11 Uhr statt 15.30 Uhr). Die Tierschau kann bis einschließlich Samstag täglich von 10 bis 13 Uhr besucht werden.Meinung: Nicht so voreilig


Dem Zirkus scheint ernsthaft etwas an seinen Tieren zu liegen - und Millionen Tiere in Deutschland würden wohl sofort mit ihren reisenden Kollegen tauschen: All die Hunde, die an ihren Leinen nie genug Auslauf bekommen. Katzen, die von ängstlichen Besitzern nie rausgelassen werden. Wellensittiche, Hasen und Meerschweinchen in Minikäfigen. Von all den Rindern, Hühnern und Schweinen im Alltagshorror der Mastbetriebe gar nicht erst zu reden. Auch wenn der Einsatz von Elefanten, Papageien und anderen Wildtieren grundsätzlich fragwürdig ist: Ihn grundsätzlich verdammen darf nur, wer auch im sonstigen Leben allerhöchste Standards einhält - als Verbraucher oder bei der eigenen Tierhaltung.
trier@volksfreund.de 

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