Zappelnde Stars an Strippen

TRIER. Aladdin oder Aschenputtel heißen die Helden, die Helmut Rachs Puppenbühne bevölkern. Am kommenden Sonntag bietet sich letztmals in diesem Jahr die Gelegenheit, die märchenhaften Marionetten mitzuerleben.

Orientalische Klänge hallen durchs Kellergewölbe im Mergener Hof. Das Licht erlischt. In der Dunkelheit hört man knarrende Schritte auf der Bühnenkonstruktion. Dann öffnet sich der kleine Vorhang und gibt den Blick auf die erleuchtete Kulisse einer Felsenlandschaft frei. Mittendrin hüpft ein Männlein mit schwarzem Fransenhaar, roter Weste und aufgemaltem Lächeln über die Bühne: Aladdin, der Held der Stunde. "Öffne dich, Höhle der tausend Kostbarkeiten!", befiehlt der schwarz gekleidete Zauberer neben ihm, ruckelt mit dem hölzernen Kopf und reißt abwechseln die Arme in die Höhe. Er schickt Aladdin ins Innere des Berges und beschwört ihn, unbedingt die alte Lampe herauszubringen. Mit den typisch zappelnden Bewegungen einer Marionette macht sich Aladdin auf den Weg: Das Abenteuer aus 1001 Nacht kann beginnen. Hoch über den Puppen hält - für Zuschauer unsichtbar - Marionettenspieler Helmut Rach alle Fäden fest in der Hand. Figuren, Bühnenbild, Konzept - alles hat er selbst gefertigt. Jetzt lässt der Strippenzieher einen bärtigen Dschinn durch die Lüfte sausen. "Huih" pfeift es, und der freundliche Dämon fragt mit lispelnder Stimme nach Aladdins Begehr. In diesem Moment reißt es vor der Bühne einen kleinen Zuschauer vor Spannung von der Bank. Stehend verfolgt er die weitere Handlung. Sechs Mal schließt und öffnet sich der Vorhang während der Vorführung und enthüllt jedes Mal eine neue Kulisse. Der Umbau erfordert Zeit. Der sechsjährige Leon Geibel nutzt die Pause, um neugierig unter dem Vorhang hindurch zu spähen. "Jetzt kommt wieder was Neues", ruft er, "Ich hab's gesehen!" Seine dreijährige Schwester Elena rutscht in der vierten Pause ungeduldig auf der Sitzbank herum.90 Minuten Spielzeit sind für kleinere Kinder sehr lang. Rach: "Es ist das umfangreichste Stück in unserem Programm." "Aschenputtel" und die "Schneekönigin", die ebenfalls 2006 auf dem Spielplan stehen, kommen mit je einer Stunde aus. Seit 17 Jahren lässt der Herr der Schnüre nun schon die Puppen tanzen. "‘Zwirnzupfer‘ ist das einzige Marionettentheater in Trier", berichtet er. Doch die Zukunft der Märchenbühne hängt am seidenen Faden. Rach ist sichtlich enttäuscht, dass sich auch dieses Mal nur wenige Zuschauer zur Vorstellung eingefunden haben. Vom finanziellen Gewinn ist der Puppenspieler weit entfernt. Findet sich kein Sponsor, muss er seine Strippen im nächsten Jahr endgültig an den Nagel hängen."Schneekönigin" zum Abschluss 2006

In der heilen Märchenwelt auf der Bühne wendet sich für Aladdin inzwischen alles zum Guten. Mit Hilfe des Dschinn überlistet er den bösen Zauberer, heiratet eine schöne Prinzessin und hat alle Chancen, einmal Sultan zu werden. Nachdem sich der Vorhang zum letzten Mal geschlossen hat, dürfen die Zuschauer noch einen Blick hinter die Kulissen werfen. Leblos hängen die hölzernen Hauptdarsteller jetzt an ihren Fäden, den Blick ins Leere gerichtet. Ein merkwürdig trauriger Anblick. Man wünscht ihnen, dass dies nicht ihr letzter Einsatz im Marionettentheater "Zwirnzupfer" gewesen ist. Am Sonntag, 17. Dezember, 15 Uhr, steht eine Aufführung der "Schneekönigin" auf dem Programm (Eintritt: 4 Euro; Vorverkauf: Buchhandlung "Gegenlicht"). Ab Januar ist jeweils ein Mal pro Monat mittwochs ein Märchenspiel geplant. Weitere Informationen: Telefon 0651/ 23523.

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