Zarter Jüngling und weiblicher Islam

TRIER. Mit Rollenklischees und Vorurteilen gegenüber anderen Kulturen beschäftigt sich das neu gegründete Zentrum für Geschlechterforschung und Interkulturalität an der Universität Trier.

Wann ist ein Mann ein Mann? Im späten 18. Jahrhundert galt der starke, aber auch emotionale Held als ideal. Zumindest, wenn man den Schlachtgemälden der napoleonischen Kriege Glauben schenkt. In den 80er-Jahren verkörperte der trainierte Muskelprotz Arnold Schwarzenegger in seinen Filmrollen wie kein anderer das Klischee vom durchsetzungsfähigen und allem mutig die Stirn bietenden Mann. Knapp zwanzig Jahre später idealisiert die Werbung den nackten, zarten, auf Körperpflege bedachten "weichen" Jüngling. Mit Entstehung und Wandel solcher Rollenbilder - die bekannterweise auf für Frauen existieren - beschäftigt sich das neu gegründete "Zentrum für Postcolonial und Gender Studies" (Cepog) der Universität Trier. "Wir erforschen, wo solche Stereotype herkommen und wecken in Workshops das Problembewusstsein für diese Klischees", sagt die Kunsthistorikerin und Doktorandin Katja Wolf, Koordinatorin des interdisziplinären Zentrums. Für das Zentrum arbeitet auch die 32-jährige Junior-Professorin Alexandra Karentzos. Neben den Geschlechter-Rollenbildern gehören zu ihrem Lehr- und Forschungsgebiet die Rollenbilder, die von fremden Kulturen produziert und kolportiert werden: "Zum Beispiel hat der Islam für uns ein weibliches Gesicht. Alle Medien wählen zu Berichten über den Islam Fotos mit Frauen im traditionellen Tschador aus - auch wenn die Thematik des Berichts eine ganz andere ist." Manche Redaktionen wollten damit ein zum Teil veraltetes Bild islamischer Frauen zementieren, andere einfach nur die Fremdartigkeit der anderen Kultur betonen. Der Effekt sei der gleiche: "Denken wir an islamische Länder, denken wir an schwarz verschleierte Frauen. Die Frau im Beruf oder in der Wissenschaft, die es in diesen Ländern durchaus gibt, wird so gut wie nie abgebildet", sagt Karentzos. Die Gleichberechtigung liegt den beiden Wissenschaftlerinnen dabei nur indirekt am Herzen. "Es geht um die Problematisierung an sich - dass dabei Benachteiligungen ans Licht treten und kritisiert werden, bleibt nicht aus." Das Zentrum mit den Schwerpunkten Geschlechterrollen (Gender) und Interkulturalität ist in dieser Art einzig in Deutschland. "Die Genderforschung gibt es an der Uni schon länger", erklärt Wolf. "Jetzt werden die Arbeiten aus den verschiedenen Disziplinen gebündelt und koordiniert." Außerdem gebe es neben der sehr guten Zusammenarbeit mit der Universität in Luxemburg Kontakte zu Gender-Instituten in der Schweiz, den USA, der Türkei und der afrikanischen Republik Benin. "Das Zentrum ist ein Forum für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Sprachwissenschaften, der Ethnologie, Geografie, Geschichte, Kunstgeschichte, Medienwissenschaften, Pädagogik, Soziologie und anderer Fächer", erklärt Karentzos. "Ganz grundsätzlich sind wir aber auch an einer breiten Öffentlichkeit interessiert!" In Zusammenarbeit mit Stadt und Europäischer Kunstakademie sind daher mehrere offene Workshops geplant: Am Mittwoch, 25. Mai, sprechen die islamische Künstlerin Parastou Forouhar und Juniorprofessorin Karentzos über Interkulturalität und Geschlecht (ab 18.15 Uhr, Kunstakademie Trier). Ein besonders interessantes Thema steht am Donnerstag, 7. Juli, 18.15 Uhr, in der Kunstakademie, auf dem Programm: Die Zuwanderung ausländischer Frauen nach Deutschland. "Immer mehr deutsche Frauen machen beruflich Karriere. Die Nischen, die dadurch in den Haushalten entstehen, werden paradoxerweise wieder durch Frauen besetzt: Die moderne, arbeitende, emanzipierte, westliche Frau stellt Osteuropäerinnen, Asiatinnen und Südländerinnen fürs Putzen und Bügeln an."

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