Zechen auf dem Mosaik

Das Mosaik in der "Engelburg" genannten Gaststätte (damals Neustraße 222, später Kufs-General) rechts neben der Jesuiten-Apotheke konnten die Gäste nicht nur "bestaunen", sondern, für heutige Denkmalpflege unvorstellbar, sogar darauf sitzen und zechen.

Denn nicht nur die Trierer, unter ihnen regelmäßig der damalige Oberbürgermeister de Nys, "pilgerten" zum Mosaik und tranken gemäß einem damals üblichen Wort einen "Schoppen auf klassischem Boden". Bezeugt sind Besuche und Berichte durch den "Malerpoeten" Viktor von Scheffel (1826-1886), der in einem Brief an den Maler Anton von Werner (1843-1915) vom Trinken des Mosel- und Saarweines "im lampenerleuchteten Gewölb auf einem echten Mosaikboden der Römerzeit" schwärmt, sowie durch einen Bonner Philologie-Studenten, dem einer seiner Brüder zu Weihnachten 1867 "einen fein geschliffenen Pokal oder besser Seidel, mit einem silbernen Ziegenbock als Deckelgriff" geschenkt hatte. Dieser Student, der der größte Altertumswissenschaftler werden sollte, war Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff (1848-1931), der Ende 1867 von Bonn aus seinen damals in Trier als Husaren stationierten Bruder Tello besuchte und am 27. Dezember an seine Mutter in Kujawien über den Becher schrieb: "der gestern mit Sekt auf altem römischen Mosaikboden eingeweiht ward". Weiteres dazu sowie eine Abbildung des Mosaiks vor der Erneuerung, die die Leistung der Restauratoren ins rechte Licht rückt, findet man in meinem Artikel "Wilamowitz' Briefe aus und über Trier" im Kurtrierischen Jahrbuch 39, 1999, Seite 343-364. Schon 1999 zeigte mir eine großzügige gestattete Autopsie im Hinterhof von Neustraße 2, dass auch der Keller nicht mehr vorhanden ist. Paul Dräger, Oberbillig

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