Ziege bremst Züge aus

TRIER. Wegen einer freilaufenden Ziege musste vor einigen Tagen zwischen Ehrang und Quint ein Zug notbremsen. Die Polizei sperrte den Streckenabschnitt für fast eine Stunde. Der TV erfuhr von dem "tierischen Streckenwärter" durch einen besorgten Anwohner.

"Schauen Sie mal, welche tierischen Gleiswärter die Bahn jetzt einsetzt." Lustig ist das Foto, das Dieter Feilen in der Lokalredaktion des Trierischen Volksfreunds vorbeibringt: Eine weiße Ziege, die mitten auf Bahngleisen gemütlich herumsteht und sich lässig umschaut. Dahinter eine Frau, die offensichtlich die Verfolgung der weißen Geiß aufgenommen hat. Doch wirklich komisch ist die Geschichte nicht: Das Foto hat Dieter Feilen vergangene Woche auf dem Gleisabschnitt zwischen Ehrang und Quint geschossen - kurz nachdem der Regionalzug, der kurz nach 11.30 Uhr in Trier gestartet war, wegen der Ziege bis zum Stillstand herunterbremsen musste. "Der Lokführer hat die Ziege gesehen und schnell reagiert", sagt Feilen. Mit lautem Quietschen sei der Zug zum Stillstand gekommen.Bahn: "Mehrere tausend Euro Schaden"

"Es kann doch nicht sein, dass so eine Ziege einfach auf die Gleisanlage gelangen kann", sagt Feilen, der noch am gleichen Tag die Polizei verständigte. Weil er allerdings nichts von einer Such- oder Sicherungsaktion gemerkt habe, hat er sich jetzt an den TV gewandt. Doch die Bundespolizei, die Nachfolgebehörde des Bundesgrenzschutzes und zuständig für die Sicherheit im Bahnbereich, ist aktiv gewesen: "Unsere Kollegen waren draußen und haben die Strecke abgesucht, von 12.45 bis 13.30 Uhr war der Gleisabschnitt gesperrt", sagte Wolfgang Kirsch vom Ermittlungsdienst der Bundespolizei in Trier auf TV-Anfrage. Gefunden habe man die Ziege zwar nicht, "aber wir haben uns natürlich auf die Suche nach den Verantwortlichen für die Gefährdung und Störung des Bahnverkehrs gemacht". Ein strafrechtlicher Tatbestand könne vorliegen, wenn der Halter der Ziege etwa fahrlässig gehandelt und die Ziege nicht richtig eingepfercht habe. "Wenn ein Zug stark abbremsen muss, dann ist das schließlich für die Bahnreisenden nicht ungefährlich", sagt Kirsch. Zu Schaden gekommen sei bei der Abbremsung des Zugs bis zum Stillstand niemand, beruhigt Hartmut Lange, Pressesprecher bei der Deutschen Bahn. Der Regionalzug von Trier nach Koblenz sei mit etwa 100 Stundenkilometern unterwegs gewesen. "Bei zwölf Zügen ist es danach wegen der rund einstündigen Gleissperrung zu Verspätungen von insgesamt 155 Minuten gekommen", sagt Lange. Die "Betriebserschwerniskosten" könnten in die Tausende gehen. "Wenn die Polizei einen schuldigen Verantwortlichen ausmacht, werden wir diesen haftbar machen." Jetzt teilte Wolfgang Kirsch von der Bundespolizei mit: "Die Halterin der Ziege ist ermittelt, nach unserem Ermittlungsstand liegt kein Straftatbestand vor." Ob die Frau eine Ordnungswidrigkeit begangen habe, werde weiter verfolgt. "Dann könnte ein höheres Bußgeld fällig werden." Die Personalien wird die Polizei an die Bahn weitergeben, die dann ein zivilrechtliches Verfahren einleiten kann, um ihren Schaden geltend zu machen. Wäre der Lokführer nicht so tierlieb gewesen, wäre die Ziege jetzt wohl tot, aber der Regionalzug hätte keinen Notstopp einlegen. Die Polizei hätte sich nicht als Streckenposten betätigen müssen, die Bahn keine tausende Euro Schaden, die Ziegenbesitzerin müsste keine Angst vor Entschädigungszahlen haben und die überlasteten Gerichte blieben von einem Zivilprozess verschont. Hartmut Lange: "Hätte der Lokführer das Tier übersehen, wäre der Zug einfach über die Ziege gerollt. Gefahr hätte dann wohl zu keinem Zeitpunkt bestanden."

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