Zirkus-Luft statt Tapeten-Geschäft

"Ich werde einmal zum Zirkus gehen." Das stand für Oliver Häberle fest. Seit Kindestagen. In seiner Heimatstadt Stuttgart schnupperte er zum ersten Mal Zirkusluft und atmete den Virus ein, der ihn bis heute infiziert hat. Mit dem Weihnachtszirkus der Romanza-Circus-Production gastiert er derzeit in Trier.

Trier. Mit großen Augen und offenem Mund stand Oliver Häberle mit drei Jahren nach einer Zirkusvorstellung vor einem Clown. Das ist seine erste bewusste Erinnerung. Zirkus - ein Zauberwort, das sein Leben aus gutbürgerlichen Verhältnissen einer Unternehmer-Familie mit eigenem Tapeten-Geschäft in die Welt der Magie, Illusionen, Spaßmacher und Artisten führen sollte. Roncalli, Krone, Charles Knie, Althoff - keine Gelegenheit, kein Gastspiel verpasste er, besuchte 1981 sechs Wochen lang jede Vorstellung des Zirkus Althoff. Das blieb nicht ohne Folgen und dem Direktor nicht unverborgen, der ihn nach Berlin einlud. Seine Eltern ließen ihn ziehen. "Meine Mutter hat gesehen, wie stark der Wunsch in mir war, obwohl sie von meinen Großeltern Schelte dafür bekommen hat, mich allein nach Berlin gehen zu lassen."Jede Ferien, jedes freie Wochenende verbrachte Häberle im Zirkus. "War der Zirkus weg und ich wieder zu Hause, war ich krank." Vom Karten abreißen über den Popcorn-Verkauf schaffte Häberle den Sprung in die Manege, durfte im Düsseldorfer Weihnachtszirkus 1985 zum ersten Mal die Ansage übernehmen. "Viel Schminke gegen die Blässe und einen dicken Kloß im Hals hatte ich. Aber als der erste Satz gesprochen war, war es, als hätte ich nie etwas anderes gemacht." Auch seine Ausbildung zum Industriekaufmann änderte nichts am Traum, und Häberle wurde Clown und so Mitglied in der weltweiten Zirkus-Familie."Ich bin ein August, fünf und dreiviertel Jahre alt und habe Schuhgröße elfundneunzig", sagt er. Mit roter Nase und viel zu großen Schuhen stolpert er durch das Zirkusrund und reißt seine Possen. "Um ein guter Clown zu sein, braucht man Lebenserfahrung. Als Teenager spielt man den Clown. Aber irgendwann tritt eine Verwandlung ein, man setzt die Nase auf und ist Clown. Es gibt fast nichts Schöneres, als Menschen das Lachen zu schenken." Und das schafft Häberle als "Olli, der Clown" mit internationalem Rang, überzeugte bei Zirkusfestivals und bei Engagements in den Manegen der Welt."Der einzige Grund, warum ich heute hier bin und mache, was ich mache, ist der Zirkus." Denn eine schwere Krankheit zwang "Olli, den Clown" buchstäblich in die Knie. Der Antrieb, wieder auf die Beine zu kommen, war der Zirkus-Virus, der einen unbändigen Willen in ihn pflanzte. "Ich habe meine Clown-Schuhe mit in die Reha genommen und habe damit wieder laufen gelernt." Seit 2002 stapft er darin wieder mit gekonnten Späßen durch die Manege.Als Tourneeleiter, Presse-Chef und Manager hat Häberle den Weihnachtszirkus der Romanza-Circusproduction nun schon zum dritten Mal nach Trier gebracht. Eines der vier Mobil-Telefone klingelt ständig und Häberle ist pausenlos auf Achse. Ein Auftritt in Frankreich, die Premiere in Trier und die Vorbereitung auf seinen nächsten Job halten ihn auf Trab. Denn Oliver Häberle wird Direktor im Zirkus Herkules - eine Traum-Karriere. Noch bis zum 6. Januar gastiert der Weihnachtszirkus täglich mit zwei Vorstellungen (15.30 und 19.30 Uhr) im Messepark.

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