Zu kurz gekommen

TRIER. (mew) Kein roter Teppich, keine Fotografenmeute, keine Autogrammjäger – das zweite internationale Kurzfilmfestival erlebte im Broadway Kino eine eher beschauliche Premiere.

"Klein, aber gemütlich", beschrieb Festivaldirektor Andy Jetzen auf der Pressekonferenz das Trierer Kino als "perfekten" Ort für sein Filmevent. In Anbetracht der aufwändigen Vorbereitungen wird ihn der magere Besucherzuspruch enttäuscht haben. War die Sprachbarriere zu hoch? Immerhin lief nur ein einziger deutscher Kurzfilm, in der Überzahl waren französische und luxemburgische Produktionen. Luxemburger Crew stürmt Kino

Die Luxemburger Crew des Eröffnungsfilms stürmt mit einer ganzen Delegation vom Hauptdarsteller bis zum Kameramann das Kino. Ihr Zombiefilm war ihr erster Versuch, der aus der spaßigen Wette entstand, einen Film zu machen, der es ins Kino schaffen könnte. Dass diese fixe Idee nach der einjährigen Produktionsperiode tatsächlich Wirklichkeit wurde (der Film lief fünf Wochen lang in Luxemburger Kinos), hat die Macher am meisten verwundert. Entsprechend selbstironisch rezitiert Regisseur Patric Ernzer die Kritiken zu "Zombie". Eine riesige Portion Geduld braucht man auch, um die 75 Minuten dieses satirischen Splatter-Movies zu überstehen. Alternativ wäre eine ähnlich hohe Dosis des luxemburgischen Gerstensaftes hilfreich gewesen, dem die Akteure im Film frönen. Die Handlung ist schnell erzählt: Zwei Luxemburger machen sich einen feucht-fröhlichen und drogengeschwängerten Abend im elterlichen Ferienhäuschen im Wald und werden dort von Blut saugenden Zombies überfallen. Verwirrter King Kong

Kontrastprogramm sind die Kurzfilme des Pariser "Prototype Festivals". Sie bannen einen von englischen Sprachfetzen verwirrten King Kong ebenso auf Zelluloid wie einen Protagonisten im Rückwärtslauf. Auch die Schwierigkeiten, die das erste reale Treffen einer Internetbekanntschaft birgt, nehmen sie in den Focus. Außerdem geht es um die Tücken des täglichen Zugfahrens und die animierte Geschichte eines kleinen verträumten Jungen. Schwerere Kost bieten die folgenden Amateurfilme. So zeichnet Arno Bitschy in seinem 15-minütigen "Le cerveau" das Aufeinandertreffen eines im Sterben liegenden Mannes mit einem ihm bis dato völlig Unbekannten auf und lässt die beiden am idyllischen Seineufer über das Leben philosophieren, um den nahenden Tod erträglicher zu machen. Und das zu solch später Stunde. So kommt es mancherorts zum "Video interruptus" - einige Festival-Besucher verlassen vorzeitig die Vorführung. Auch für Kurzfilme braucht man eben manchmal einen langen Atem. An jenem Abend sind die Kurzen definitiv zu kurz gekommen.

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