Zum Geburtstag (k)ein Blick zurück im Zorn

TRIER. Der 29. März 1996 ist ein markantes Datum in Triers jüngerer Stadtgeschichte: Die Einweihung des umgestalteten Domfreihofs setzte den Schlusspunkt hinter eine beispiellose Auseinandersetzung, die Stadtverwaltung und Teile der Bürgerschaft, die 14 alte Platanen erhalten wollte, entzweite. Die Bäume mussten weichen. Heute wird der "neue" Domfreihof zehn Jahre alt.

Triers "Errege-Thema" der 90er-Jahre hat eine lange Vorgeschichte. Sie beginnt am 1. Mai 1974. Bei der Feier zur Wiedereröffnung des restaurierten Doms erklärt OB Josef Harnisch, nun sei die Stadt am Zug. Sie wolle die öffentlichen Flächen im Umfeld so herrichten, dass sie der Würde und Bedeutung der Kathedrale entsprechen. 14 alte Platanen müssen weichen

Lange Zeit tut sich nichts. Auch im Vorfeld des 1984er Jubiläums "2000 Jahre Stadt Trier" bleibt der Konflikt aus Gestaltungs-Ansprüchen (Platz vom Autoblech befreien) und der Forderung nach Beibehaltung der Verkehrsführung und 80 Stellplätze ungelöst. Stattdessen erhält der bis dahin ebenfalls als Parkfläche missbrauchte Basilika-Vorplatz eine neue, autofreie Gestaltung. OB Helmut Schröer und Baudezernent Peter Dietze greifen Anfang der 90er-Jahre das Thema wieder auf. 1992 beschließt der Stadtrat, die Domfreihof-Umgestaltung soll 1994 beginnen und bis zum 800. Jahrestag der Altarweihe im Dom-Ostchor (1. Mai 1996) abgeschlossen sein. Voraus gehen archäologische Grabungen. 1993 votiert das Beratungsgremium "Große Domkommission" für den Wegfall der teils über 100 Jahre alten Bäume und Neuanpflanzungen. Nach mehreren Bürgerveranstaltungen und Experten-Anhörungen beschließt der Stadtrat am 27. April 1994 mit 38 Ja-Stimmen, neun Gegenstimmen und einer Enthaltung das Planungskonzept. Ab August macht die Bürgerinitiative "Rettet die Bäume am Domfreihof" mit Hermann Münzel an der Spitze mobil und startet eine Unterschriftensammlung, um den Ratsbeschluss zu kippen. Im September versammeln sich montags um 18 Uhr die "Platanenfrauen" auf dem Domfreihof. Auch sie wollen den Stadtrat dazu bewegen, seine Entscheidung zurückzunehmen. Am 27. September übergibt die BI eine Liste mit 5000 Unterschriften an OB Schröer. Ihren Einwohnerantrag lehnt der Stadtrat am 6. Oktober BI wegen "rechtlicher Unzulässigkeit" ab. Am 11. Oktober lässt die Stadt - unangekündigt - die ersten fünf Platanen fällen. Der Wind wird schärfer, der Ton der BI polemischer. Vergebens: Die übrigen neun Bäume fallen am 16. Januar 1995. Zuvor hat die BI Niederlagen vor dem Stadtrechtsausschuss und dem Verwaltungsgericht erlitten. Von der "neuen Aussicht" zeigen sich viele Trierer entzückt. Der TV startet eine Couponaktion: Neue Bäume oder "nackter" Platz? Resultat bei 900 Einsendungen: unentschieden. Am 31. März beginnt die Neuanpflanzung von 20 Dachschnitt-Platanen. Ende 1995 sind die Bau- und Pflasterarbeiten auf dem Domfreihof fertig. Nach Abschluss der Restarbeiten findet am 29. März 1996 die feierliche Einweihung statt. Gesamtkosten für die Platzgestaltung: knapp 2,5 Millionen Euro. Zehn Jahre später ist Peter Dietze (63) der selben Meinung wie damals: "Der Platz ist gut geworden. Stadtrat und Verwaltung sind den richtigen Weg gegangen." Der Baudezernent hatte massive verbale Prügel einstecken müssen, "weil das Rathaus das umgesetzt hat, wozu uns der Stadtrat mit großer Mehrheit beauftragt hatte. Das kann ich nicht tolerieren". Viele BI-Aktivisten fanden 1997 ein neues Betätigungsfeld ganz in der Nähe: Sie zogen gegen den Verkauf des Palais Walderdorff durch die Stadt an die Nikolaus-Koch-Stiftung zu Felde. Wie ist Ihre Meinung? Ihre Zuschrift sollte maximal 30 Zeilen à 30 Anschläge lang sein und bis heute, 14 Uhr, vorliegen. Fax: 0651/7199-439; E-Mail: echo@volksfreund.de

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