Zusammen 175 Jahre jung

TRIER-HEILIGKREUZ. Ein Jubiläum kommt selten allein bei Laufners: Seit 60 Jahren verheiratet, nach 50 Jahren die letzten "Ureinwohner" der Straße Am Herrenbrünnchen, und nun sind beide zusammen 175 Jahre alt: der aus Wien stammende Ex-Stadtbibliotheks-Chef und Historiker Professor Dr. Richard Laufner, der heute seinen 90. Geburtstag feiert, und sein "Trierer Mädchen" Anna-Katharina Laufner (85).

20. Mai 1943 in Königsberg: Studentin Anna-Katharina Kuhnen aus Trier sieht sich "verfolgt". Uni, Buchhandlung, auf der Straße - ein junger Mann stiefelt ihr überall hinterher. Schließlich fragt er nach dem Weg zum Grab von Immanuel Kant und fügt hinzu: "Na, machen Sie's mir doch nicht gar so schwer." "Er gefiel mir durchaus gut", sagt sie, und er hatte ebenfalls ein "sehr schönes Gefühl. Ich glaubte vom ersten Blick an, das könnte die Richtige sein." Eine schicksalhafte Begegnung mit weit reichenden Folgen.Grandseigneur der Geschichtsschreibung

Der Leutnant und promovierte Historiker aus Wien, den sich die Triererin in Königsberg "angelacht" hatte, folgte ihr nach dem Krieg in ihre Heimat. "Die römische Kaiserstadt Trier hatte mich schon als Gymnasiast fasziniert", erinnert sich Richard Laufner. Aber der erste Aufenthalt verlief eher enttäuschend. Laufners Regiment machte auf dem Weg von Wien nach Frankreich in der Kaserne auf dem Petrisberg Station: "Obwohl wir nicht raus durften, machten ich mich mit einigen Kameraden auf den Weg zur Porta Nigra. Unterwegs bekamen wir kalte Füße und kehrten dann noch schnell in einer Kneipe in Kürenz ein. Der Wein schmeckte scheußlich . . ." 1945 eine völlig andere Situation. Das Elternhaus der Verlobten in der Gilbertstraße ausgebombt - "Wir hatten nichts, außer uns". Ein gutes Gespann am richtigen Ort. Hochzeit am 20. Februar 1946, kurz danach erhielt Richard Laufner von Alois Thomas einen Job als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bischöflichen Archivs - der Beginn der Karriere des Mannes, dem als hochverdienter Lokal- und Regionalhistoriker längst ein bedeutender Rang in der Stadtgeschichte sicher ist. Der Erfolg basiert nicht zuletzt auf gezielter Arbeitsteilung: Anna-Katharina Laufner, "Trierer Mädchen mit imposantem Stammbaum", gab ihr Studium auf, "um meinem Mann den Rücken frei zu halten". Und, wie beide scherzhaft betonen, "etwas für die demografische Entwicklung zu tun, nachdem unsere Familien im Krieg einen hohen Blutzoll gezahlt hatten". Drei Söhne und drei Töchter ("alle wohl geraten, auch wenn sie längst nicht immer einer Meinung mit den Eltern waren") bekamen die Laufners, die seit 1956 auf geschichtsträchtigem Boden wohnen. Ihr Flachdachbau enstand als erstes von 14 Einfamilienhäusern Am Herrenbrünnchen genau auf dem Gelände eines römischen Monumentaltempels und einen Katzensprung vom barocken Herrenbrünnchen (einstige Ratsherrenstube und Brunnenhaus) entfernt. Heute sind Anna-Katharina und Richard Laufner die letzten Ureinwohner ihrer Straße. Der restliche Laufner-Clan, der nun auch neun Enkel umfasst, lebt in Bonn, Marburg, Stuttgart, Wiesbaden und Basel. "Wir wünschen Ihnen weiter ungeschmälerte Gesundheit", steht im Vorwort der Festschrift des Kurtrierischen Jahrbuchs, die Richard Laufner 1981 gewidmet wurde. Damals ging er nach 18 Jahren als Direktor des Stadtarchivs in den Ruhestand - aber nicht aufs Altenteil. Weil die guten Wünsche in Erfüllung gingen, forscht und publiziert der Altmeister der Trierer Geschichtsschreibung weiter. Die Gattin trägt ihr Scherflein dazu bei: "Es gibt keine Veröffentlichung meines Mannes, an der ich nicht eifrigst mitgewirkt habe." "Ja", seufzt er mit stypischem Schelmen-Lächeln, "Sie ist meine strengste Kritikerin." In einem sind sich beide - diesmal ernsthaft - völlig einig: Das persönliche Gesundheits-Rezept besteht aus "viel Zu-Fuß-Gehen und wohl dosiertem Rieslingwein." Er frönt zudem immer noch seiner Tennis-Leidenschaft ("Im Doppel mit Alfons Gracher"). Heute wird der "zugereiste, aber alte Trierer" Richard Laufner 90. Mit der Familie gefeiert haben beide bereits, auf "halber Strecke" zwischen ihrem 85. (24. Juli) und seinem heutigen Geburtstag: "Man wird ja schließlich nicht alle Jahre 175." Gründe, sich zu freuen, gibt es weiterhin reichlich: "Diese Frau ist mein Voll-Treffer", sagt er. Sie kontert treffsicher: "Stimmt, und ich hege und pflege ihn gut. Dennoch frage ich mich, wie dieser Kerl es schafft, seine glatte Haut zu bewahren."

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