Zwischen Ginko und Justitia

FEYEN-WEISMARK. Im Grafschafter Stadtgarten grünt und blüht es wieder. Die Tage, in denen die Anlage in der Fritz-Quant-Straße zum Schauplatz von blinder Zerstörungswut, zu Müllhalde und Hundeklo verkam, sind vorbei. Denn seit mehr als einem Jahr kümmern sich die Anwohner des Parks selbst um die Pflege des kleinen Idylls inmitten des Wohngebiets.

"Sich regen bringt Segen". So oder ähnlich könnte das geflügelte Wort mit aktuellem Gültigkeitsanspruch auf einem der Steine stehen, den Josef Bermes im Grafschafter Stadtgarten aufgestellt hat. Denn er war vor zwanzig Jahren der Initiator, der das Fleckchen Erde liebevoll pflegte und als eine Oase der Ruhe gestaltete. Er bestückte es mit Bäumen, Blumen und allerlei selbstgefertigten Installationen für Kurzweil und Zerstreuung. Bis ins hohe Alter arbeitete Bermes in dem Garten, den er auf einem städtischen Grundstück anlegte. Der Visionär traf Vorsorge

Schon zu seinen Lebzeiten sorgte Visionär und Hobbygärtner Bermes vor, denn immer wieder suchten Vandalen das Gelände heim. Frühzeitig schenkte er der Stadt ein Sparbuch mit einem Guthaben von über 57 000 Mark. Die Stiftung "Trierer Grafschafter Stadtgarten", die die weitere Pflege der Anlage durch das Grünflächenamt gewährleisten sollte, wurde 1988 aus der Taufe gehoben. Seit Bermes Tod vor vier Jahren ging es aber mit dem einstigen Kleinod bergab. Die geringen Zinserträge aus der Schenkung reichten nicht aus, um die anfallenden Arbeiten zu bezahlen. Dem Beispiel von Bermes folgend, der aus eigenem Ansporn den Park schuf, wurden die Anwohner aktiv. "Wir wollen das Erbe von Josef Bermes weiterführen", sagt Lutz Schwalbach. Er war im Herbst 2001 einer der Mitbegründer der Bürgerinitiative, die die grüne Hinterlassenschaft in neuem Glanz erstrahlen lässt. Mittlerweile kümmern sich acht Familien um den Stadtgarten. Im Frühjahr 2002 begannen die Hobbygärtner mit den ersten Arbeiten. Bäume wurden gefällt, überwucherte Teile des Parks ausgelichtet, eine Wiese angelegt und neue Pflanzen gesetzt. Im Sommer feierten die Grafschafter dann ein Einweihungsfest. Ein Paradies für Freizeit-Botaniker

"Seitdem hat der Stadtgarten wieder einen großen Erlebniswert für den Stadtteil", weiß Schwalbach. "Hier treffen sich Menschen aller Altersgruppen." Freizeit-Botaniker können in dem Park über 150 Gehölzarten von Ginko bis Mammutbaum bestaunen, Bänke laden zum Verweilen ein, Kinder finden viel Raum zum Spielen, Toben und für Entdeckungsreisen in die Welt von Flora und Fauna. Beliebter Ort mit Wohlfühl-Qualität

 Grüner Daumen und viel Liebe zum Detail: Im Grafschafter Stadtgarten führen Anwohner das Erbe von Josef Bermes fort.Foto: Cordula Fischer

Grüner Daumen und viel Liebe zum Detail: Im Grafschafter Stadtgarten führen Anwohner das Erbe von Josef Bermes fort.Foto: Cordula Fischer

Außerdem gibt es Pläne und Ideen für die Zeit, wenn die neuen Gartenpfleger die großen Grünarbeiten hinter sich gebracht haben. Nach alten Fotos wollen sie zerstörte und verschollene Details nachbauen und restaurieren, die dem Geist Josef Bermes entsprungen sind. In den nächsten Monaten soll der Weg über die neu angelegte Wiese nach ihm benannt und ein Gedenkstein aufgestellt werden. Eine Statue der Justitia, die das Grünflächenamt sicherheitshalber in Verwahrung genommen hat, soll wieder an ihren angestammten Platz zurückkehren. Eine zweite Figur hingegen, die marmorne Rebecca, ist noch immer verschollen. "Wir haben auch überlegt, einen Erlebnisparcours, einen Barfuß-Weg oder einen Wasserpfad anzulegen, um den Garten lebendiger zu gestalten. Aber dagegen wehrt sich die Stadt aus Sicherheitsgründen", erklärt Gerhard Huber. Außerdem fehlen Strom- und Wasseranschlüsse. Schwalbach, Huber und Co sind grundsätzlich froh über die Kooperation mit der Stadt, denn "alles könnten wir nicht alleine machen", sagt Lutz Schwalbach. Aber sie fühlen sich auch ein wenig vernachlässigt, weil etwa der Rasen seltener als zugesagt gemäht würde und der versprochene Rindenmulch für eine Pflanzaktion am vergangenen Wochenende nicht geliefert worden sei. "Das bremst uns in unserem Engagement", erklärt Gerhard Huber. "Und wenn nicht gemäht wird, entsteht gleich der Eindruck, dass der Garten wieder verwildert." Um dem entgegen zu wirken und den Grafschafter Stadtgarten bei den anwohnenden Bürgern wieder zu einem beliebten Ort mit Wohlfühl-Qualität zu machen, wollen die Bermes-Erben auch in diesem Jahr im Park feiern. Am 12. Juli veranstalten sie ihr Sommerfest, von dem sie hoffen, dass es in Zukunft zu einer festen Institution wird und die Gemeinschaft im südlichen Feyen fördert. Wer die Bemühungen der engagierten Hobbygärtner unterstützen will, kann selbst mit Hand anlegen oder spenden: Konto Edgar Utschick, Stichwort Grafschafter Stadtgarten, Konto Nummer 2828923663, Postbank Hamburg, BLZ 20110022.

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