Zwischen Mond und Erde

TRIER. Ausstellung, Musik, Theater, Lichtinstallation – das Liquid Penguin Ensemble verbindet in seinen Produktionen die verschiedenen Disziplinen. In seinem aktuellen Stück "Mare Grimaldi – etwa 20 Notizen über die Schwerkraft" entspinnt das Künstler-Quartett aus einzelnen Bildern eine Geschichte um den Wissenschaftler Francesco Maria Grimaldi, der im 17. Jahrhundert in Bologna lebte.

 Stellt in "Mare Grimaldi – etwa 20 Notizen über die Schwerkraft" die Gesetze der Gravitation unter Beweis: Elodie Brochier vom Liquid Penguin Ensemble. TV-Foto: Cordula Fischer

Stellt in "Mare Grimaldi – etwa 20 Notizen über die Schwerkraft" die Gesetze der Gravitation unter Beweis: Elodie Brochier vom Liquid Penguin Ensemble. TV-Foto: Cordula Fischer

Weiße Federn schweben scheinbar schwerelos an unsichtbaren Fäden über dem Boden. Diffuses Licht gestaltet den Raum. Eine Spieldose mit Lochkartenstreifen wartet darauf, dass die Besucher, die zunächst ziellos durch den Raum wandern, ihr ihre Töne entlocken. Ausstellung, Installation? Ein Kontrabassspieler (Stefan Scheib) formt unwirkliche Melodien. Einem Körper entwurzelte, entblößte Beine scheinen hinter einer Wand zwei Meter über dem Boden kopfüber zu schweben. Improvisationstheater, Musik-Performance? Eine Frau im ausladenden Kleid

Eine Frau im ausladenden dunkelroten Ballkleid (Katharina Bihler) lockt mit ungewohnten Klängen in den Nebenraum, erstarrt in ihrer Bewegung, wird zur puppenhaften Staffage und beginnt, erneut in eine Flüstertüte zu singen. Perkussionist Jochen Krämer lässt Plastiktüten in der Luft tanzen. Die Schau- und Puppenspielerin Elodie Brochier wirft mit Federn filigrane Schatten in rhythmischen Bewegungen an die Wände. Aus umeinander kreisenden Worten und Textfragmenten verschiedener Dichter, Sprachen und Epochen formt sich ein neuer Text, wie die Geräusche, Klänge, Gesänge und die gespielten Szenen in der Gesamtkomposition münden. Szenische Notizen reihen sich weiter aneinander, können zunächst vom Publikum wie Bilder einer Ausstellung betrachtet werden und ergeben in der darstellerischen Verdichtung am Ende ein Ganzes.Künstler schaffen neue Perspektiven

Doch folgt dies nicht den gewohnten Hör- und Sehgewohnheiten. Der Betrachter muss sich auf die Geschichte zwischen Schwere und Leichtigkeit, zwischen Schweben und Fallen einlassen, muss ihr folgen und fern seiner Erwartungen neue Wege beschreiten. Mit "Mare Grimaldi - etwa 20 Notizen über die Schwerkraft" gelingt es dem Ensemble, auf künstlerischer Ebene mit optischen und akustischen Bildern die verwirrenden Erkenntnisse des Wissenschaftlers, Physikers, Astronomen und Jesuitenpaters Grimaldi zu Fallgesetzen, Schwerkraft und Mondoberfläche umzusetzen. Die vier Künstler schaffen neue Perspektiven, die Herkömmliches aus einem anderen Winkel beleuchten. Wer sich auf dem Klangfluss und dem Pfad optischer Reize treiben lässt, erfährt, dass Gedanken, Flügelschwingen gleich, den Menschen der Schwerkraft entheben können und er so die naturgegebene Trägheit der Körper überwinden kann.

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