Zwischen Revolution und Kapitalistenbrause

TRIER. Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der Kommunistischen Partei Luxemburgs (KPL) diskutierten im Trierer Exzellenzhaus über die Bedeutung des Grundsatzprogramms von Karl Marx und Friedrich Engels, das vor 155 Jahren erschienen ist.

 Revolutionäres Kulturgut: Lieder aus seiner Heimat Chile trug Roberto Barahona vor.Foto: Wolfgang Lenders

Revolutionäres Kulturgut: Lieder aus seiner Heimat Chile trug Roberto Barahona vor.Foto: Wolfgang Lenders

EinGespenst geht um in Europa - mehr als die provokante Einleitungkennen die meisten vom "Manifest der Kommunistischen Partei"nicht. Was Karl Marx und Friedrich Engel in ihrem 1848 erschienenGrundsatzprogramm postulierten, ist auch in Zeiten vonGlobalisierung und Nahost-Konflikt von Bedeutung - so zumindestdie Ansicht der Kommunisten, die sich an derDiskussionsveranstaltung im Ex-Haus beteiligten. Rote Fahnen in der Ecke, Transparente aus kampferprobten Tagen an der Wand und eine rote Tischdecke mit Weihnachtsmuster auf dem Podium: Das Exhaus war passend ausstaffiert. Robert Steigerwald, Vorsitzender der Marx-Engels-Stiftung in Wuppertal, referierte über "Karl Marx und die kapitalistische Globalisierung".

Karl Marx - nicht der geliebteste, aber wohl der berühmteste Sohn Triers: In weiten Teilen der Welt verbinden Menschen mit Trier weniger die Porta Nigra, sondern das Geburtshaus des kommunistischen Vordenkers. Den allerdings hielt es nicht lange an der Mosel: Als er, gerade einmal 30 Jahre alt, zusammen mit Friedrich Engels das "Manifest der kommunistischen Partei" veröffentlichte, lebte er bereits in London.

Nach Ansicht vieler Kommunisten haben Marx und Engels in dem Grundsatzprogramm die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der zweiten Hälfte des 19. und des 20. Jahrhunderts treffend vorhergesagt - und das, obwohl weite Teile Europas 1848 noch ländlich geprägt waren.

Der Prozess der Globalisierung verdeutliche die Aktualität des kommunistischen Manifests, sagte Steigerwald. Marx und Engels hätten vorausgesagt, dass anstelle der durch Landeserzeugnisse befriedigten Bedürfnisse neue treten würden, die allseitigen Verkehr und die gegenseitige Abhängigkeit aller Nationen zur Folge haben würden. "Eine Globalisierung unter dem Kommando des Kapitals erzeugt aber Not und Elend", sagte Steigerwald. Bereits vor 1848 hätten Marx und Engels die Anfänge der weltweiten wirtschaftlichen Vernetzung kritisiert - sie wandten sich gegen die maschinelle Fertigung von Textilien in England, durch die beispielsweise Menschen in Indien ihre Arbeit verloren hatten.

Auch stünden Globalisierung und Irak-Konflikt in einem Zusammenhang: "Die offizielle Darstellung der Irak-Geschichte hat noch nie Sinn gemacht", kritisierte der bekennende Kommunist Steigerwald. Der eigentliche Grund für den geplanten Krieg sei, dass er den Status der Großmacht USA in der Welt sichern solle.

Weltkultur durch Amerikanisierung

Marx und Engels beschränkten sich im "Manifest der kommunistischen Partei" nicht auf wirtschaftliche und politische Entwicklungen, sie thematisierten auch die Zukunft der Kultur. "Das kommunistische Manifest sagt eine Weltliteratur und eine Weltkultur voraus", erklärte Steigerwald. Dies sei in Form der Amerikanisierung, der "Cocacolaisierung" der Welt geschehen.

Auch im Exhaus wurden die Kommunisten mit der Kapitalistenbrause konfrontiert: Längst hat sich der Ausschank des im Zuge der 68er-Bewegung gegründeten Jugend- und Kulturzentrums an den internationalen Markt angepasst.

Ob Cola oder Bier - Kampfgeist kam auf, als zum Abschluss der Veranstaltung Roberto Barahona aus Chile zur Gitarre griff und revolutionäre Lieder aus seinem Heimatland vortrug - auch wenn die Weltrevolution wohl noch ein bisschen auf sich warten lässt.

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