Zwischen Weinbergen und Weiher

Er läuft um den Mattheiser Weiher, Runde um Runde, im Kopf französische Übersetzungen und deutsche Gedichte. Gemeinsam mit anderen Läufern plant Alfred Girault bereits für den großen Berlin-Marathon im nächsten Jahrr. Da spielt es auch keine Rolle, dass sie alle um einige Jahrzehnte jünger sind als Girault selbst.

 Alfred Girault mit den Urkunden zu seinen bisher gewonnen Meisterschaften. Der 74-Jährige von der TG Trier hat unter anderem in diesem Jahr einen Halbmarathon gewonnen. TV-Foto: Dorothee Quaré-Odenthal

Alfred Girault mit den Urkunden zu seinen bisher gewonnen Meisterschaften. Der 74-Jährige von der TG Trier hat unter anderem in diesem Jahr einen Halbmarathon gewonnen. TV-Foto: Dorothee Quaré-Odenthal

Trier-Weismark. Der freiberufliche Übersetzer Alfred Girault gerät ins Schwärmen, wenn er von seinen Lauferlebnissen, zum Beispiel in Mülheim, berichtet: "Beim Halbmarathon war es am Start bitterkalt. Der Lauf führte über Weinberge, auf und ab. Am Anfang lag alles im Nebel. Dann entdeckt man plötzlich das wunderschöne Moseltal — und ist überwältigt! Da versteht man, was die Weltschöpfung bedeutet." Unvergleichlich sei auch das Gefühl, als Erster anzukommen, sagt Girault, der sich als "in Frankreich geborener Deutscher" bezeichnet, und lacht. Von klein auf spielte der Sport eine große Rolle im Leben des Berufssoldaten. Als Absolvent einer französischen Elite-Offiziersschule wurde er in den 50er Jahren in Algerien eingesetzt, studierte später Maschinenbau und wurde Fachübersetzer für technische Texten.1976 kam Alfred Girault nach Deutschland: In Freiburg war er als Verbindungs-Offizier tätig. Ab 1983 wurde Girault Leiter der französischen Verbindungs-Stelle in Trier. "Schon meine Eltern haben sich konsequent für die deutsch-französische Verständigung eingesetzt", erinnert er sich. 1986 erhielt er das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber. 1983, noch in Freiburg, hatte Alfred Girault erstmalig das deutsche Sportabzeichen gemacht. Genau 20 Jahre später trat er der Turngesellschaft Trier (TGT) bei, um es erneut zu versuchen. "An einem Nachmittag hab' ich alle Prüfungen bestanden", sagt er lachend. Er fühlte sich in der Turngesellschaft sehr wohl und begann, regelmäßig zu trainieren. Auf die Idee, an Wettkämpfen teilzunehmen, kam er allerdings erst in diesem Jahr, und das gleich mit großem Erfolg. Stolz präsentiert Alfred Girault seine Urkunden, die ihn als dreifachen Rheinland-Meister ausweisen: Am 20. Mai 2007 siegte er in Wittlich über 5000 Meter in seiner Altersklasse, am 3. Oktober in Birkenfeld über 10 000 Meter, und vier Tage später gewann er in Mülheim/Mosel den Halbmarathon. Überfordern müssen habe er sich nie, "es war alles im aeroben Bereich". Seine deutsche Frau Irene unterstütze ihn sehr. Als frühere Sekretärin von Professor Bernd Krönig wisse sie bestens über eine gesunde Lebensweise Bescheid. "Sie begleitet mich auf Wettkämpfe, ich habe ihr ganz viel zu verdanken", betont er. Beide machen jedes Jahr ihr Sportabzeichen und laufen — oft gemeinsam — um den Mattheiser Weiher. Zwei schwere Verletzungen in den vergangenen Jahren — einmal wurde er von einem Auto angefahren, einmal brach er sich bei einem Sturz die Rippen — konnten Alfred Girault nicht längerfristig stoppen. "Es kann passieren, dass der Körper ,Nein' sagt, aber so lange mache ich weiter", sagt er. Denn: "Wenn ich laufe, fühle ich mich ganz klar und lebendig."

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