Zwischenstation im "Augenwald"

TRIER. Im Wald, da sind nicht etwa die Räuber, wie es in einem Volkslied heißt, sondern in diesem Fall die Kreativen. "Augenwald" heißt ein ungewöhnliches Kunst- und Kulturprojekt im Hinterhof des Hauses Wechselstraße 13. Initiatorin Corinna Mattner aus Trier-Nord und acht Mitstreiter bringen damit frischen Wind in die Szene.

Der "Augenwald" ist noch so etwas wie ein Geheimtipp für Menschen, die Kunst schaffen und solche, die ihre Freude am Kunstgenuss haben. Der ungewöhnliche Name leitet sich ab von August Ewald, der einst in der Wechselstraße eine Dachdeckerwerkstatt betrieb. Und genau diese verwaiste Werkstatt ist seit April immer wieder Schauplatz ungewöhnlicher Aktionen von Fachhochschul-Studierenden. "Das Konzept kommt ganz gut an und zeigt, dass es sich lohnt, beharrlich ein Ziel zu verfolgen, auch wenn das während des laufenden Studiums nicht so ganz einfach ist", sagt Corinna Mattner. Die 28-Jährige hatte die Idee - "und das Glück, Leute zu treffen, die sich für Ideen begeistern können". Zum Beispiel ein Freund aus der Wechselstraße. Der machte auf die verwaiste Dachdecker-Werkstatt aufmerksam. Und natürlich Wolfgang Ewald, der Enkel von August Ewald und Besitzer des Hauses Wechselstraße 13 samt Werkstatt. Der stellt den FH-Leuten den Raum kostenlos zur Verfügung und machte damit das "Augenwald"-Projekt erst möglich. Diese "großartige Unterstützung" passt in das Trier-Bild, das Corinna Mattner in den vergangenen Jahren gewonnen hat. 2000 wechselte die Hessin von der Uni Frankfurt an die Fachhochschule Trier, "weil ich festgestellt hatte, dass Anglistik und Literaturwissenschaften mir weniger Spaß macht als Innenarchitektur. Trier, bis dahin ein für sie unbeschriebenes Blatt, habe sich als "Volltreffer" erwiesen: "Die Stadt ist super, die Menschen sind sehr offen und aufgeschlossen, und ich habe schnell einen tollen Freundeskreis gewonnen. So etwas kannte ich aus Frankfurt nicht. Da erschienen mir viele Leute ziemlich abweisend." Weiterer Pluspunkt für ihre Wahlheimat: "Es gibt hier eine sehr lebendige WG-Szene mit vielen spontanen Feten." Was auch damit zu tun haben könnte, dass "ansonsten nicht so riesig viel los ist in der Stadt." Corinna Mattner, die seit zwei Jahren in einer Fünfer-Wohngemeinschaft in der Bahnhofstraße lebt, trägt nun aktiv dazu bei, dass auch in künstlerischer Hinsicht etwas mehr los ist in Trier. Drei Ausstellungen hat es bislang im "Augenwald" gegeben, der unter der Betreuung der Professoren Franz X. Putschögl, Johannes Conen, Franz Kluge und Heribert Wiesemann steht. Die Grundidee eines halb-öffentlichen Portals, in dem Kunst- und Kulturschaffende ihre Ideen und Projekte umsetzen und öffentlich zugänglich machen, kommt auch am heutigen Mittwoch wieder zum Tragen: Fünf Trierer Modedesigner präsentieren ab 19.30 Uhr eine Videoinstallation unter dem geheimnisvollen Titel "43 a". Was ihre eigenen künstlerischen Ambitionen anbetrifft, war Corinna Mattner bisher eher eine "Augen-Hinterwäldlerin": "Wegen meines Studiums kam ich über Organisieren nicht hinaus. Aber jetzt werde ich mich auch aktiv einbringen und eine eigene Ausstellung konzipieren", kündigt die frisch gebackene Diplom-Ingenieurin in Innenarchitektur an. Weiteres Eisen im Feuer: Die neun "Augenwäldler" liebäugeln bereits mit einem möglichen Tochterprojekt: "Wir möchten gerne in leer stehenden Läden in der Fußgängerzone zwei- bis dreitägige Kunstaktionen veranstalten." Wie lange sich Corinna Mattner im "Augenwald" tummeln wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Ihre Berufswünsche "Bühnenbildnerin oder selbstständige Innenarchitektin" dürften sich in Trier nur schwer realisieren lassen: "Aber eine Woche nach der Prüfung mache ich mir noch keinen Stress. Vorerst freue ich mich über unser wachsendes und gedeihendes Projekt."

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