Zwölf Schulen für den Sudan

GROSSLITTGEN/KLOSTER HIMMEROD. Im November reiste Stephan Reimund Senge zum zehnten Mal in den Sudan. Dort kümmert er sich um Schüler und Schulen, um das Gehalt der Lehrer, um Schulspeisung und die Einrichtung.

Er habe auch schon mal eine Brücke mitfinanziert, erzählt Pater Stephan Reimund Senge, als er seine Dias aus dem Sudan zeigt. Zuvor hätten die Menschen zu Fuß oder auch schwimmend durch den Fluss gemusst, aber das sei nicht immer möglich. Wenn Pater Stephan Reimund Senge, der sich selbst stets als "Bruder" vorstellt - "Jesus hat doch gesagt: Ihr seid alle Brüder, es gibt nur einen Vater" - von seinen Reisen in den Sudan berichtet, hat das nichts mit Theorie zu tun. Er liebt das Land, liebt die Menschen, die in ihrer Einfachheit erfüllter zu leben scheinen als die Bürger Deutschlands. Liebe zum Land und den Menschen

Senge liebt besonders die jungen Menschen, für die er Schulen einrichtet und sich um Lehrer kümmert, und er liebt auch die Natur, durch die er sommers wie winters so gerne streift und über die er Gedichte schreibt: Manche geraten ihm regelrecht zu Liebesgedichten. Jetzt, mitten im Dezember, trägt Pater Stephan offene Schuhe ohne Strümpfe. Friert es ihn denn gar nicht? "Nein", sagt er lächelnd, "daran gewöhnt man sich". Im Sudan ging er wochenlang leicht bekleidet. Den Habit packt er dort nur aus, wenn er eine Messe zelebriert. Das hält er ganz wie der in einem winzigen Zelt lebende ehemalige Bischof Paride Taban (aus Altersgründen ist er von seinem Amt zurückgetreten), der mitten in dem von Kriegen geschüttelten Land gerade ein Friedensdorf aufbaut: Er versucht eine reelle Chance für Stämme zu schaffen, die noch nie zusammen kamen. Doch es sind nicht nur Stammesfehden, die zwei Millionen Tote und fünf Millionen Flüchtlinge verursacht haben. Es geht auch um Öl, um ethnische Spannungen zwischen Arabern und Schwarzafrikanern, ein bisschen auch um Religion und nationale Unabhängigkeit. Zur Zeit kehren die Flüchtlinge langsam zurück in ihre Heimat, erste tragfähige Märkte und Handelswege sind entstanden. 1997 fuhr Pater Stephan nach Rücksprache mit seinen Himmeroder Mitbrüdern zum ersten Mal nach Afrika. Angeregt hatte ihn Schwester Emanuelle, die viele Jahre mit den Müllmenschen von Kairo lebte. Stephan gründete die Initiative Sudan (is), eine Hilfsorganisation, die es immer wieder schafft, das Geld für zwölf Schulen im südlichen Sudan, wo die Schwarzafrikaner leben, zusammenzubringen. Ein Schwerpunkt liegt in den Nubabergen, die anderen nahe der äthiopischen Grenze bei Boma und Kuron sowie in Turalei in der Provinz Bahr-al-Ghazal. Stephan Senge hat auf seiner aktuellen Reise sämtliche Klassen besucht - nur eine einzige Schule erreichte er nicht. Der Kuron-Fluss führte Hochwasser: Er kam einfach nicht durch. 72 Jahre ist der Himmeroder Pater-Bruder inzwischen. "72 dreiviertel", sagt er schmunzelnd, und freut sich wie ein Kind, dass gerade das erste sudanesische Mädchen die Hochschulreife erreicht hat. Sonst verschwinden die Mädchen mit zwölf, 13 Jahren aus den Schulen: Sie werden verheiratet und kümmern sich dienend um Mann und Kinder. Wenn Stephan Senge in den Sudan fliegt, hat er stapelweise Briefe mit im Gepäck. Briefe von deutschen Schülern, die von ihrem Leben, ihren Freuden und Kümmernissen berichten. Begierig saugen die Sudanesen diese Zeilen auf, schreiben ihrerseits aus ihrem Alltag. Wer weiß, was diese Vernetzung zwischen den Kulturen in Bewegung setzen kann...

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