Ampelmännchen

Kennen Sie sicher, die Schilder: "Nur bei grün, den Kindern zum Vorbild!" In bestechend altmodischem Design mahnen sie an Fußgängerampeln zu vorbildlichem Verhalten. Mein ganz persönliches Exemplar hängt am Übergang über die Nordallee, Richtung Porta.

Genau da bin ich nämlich neulich mit viel Schwung und eindeutig bei Rot über die Straße gegangen. Und wurde prompt von meinem Begleiter auf das Schild hingewiesen. Ertappt. Und im Nachhinein habe ich mich gefragt: Warum eigentlich bei Rot? Wirklich eilig hatte ich es nicht, auch kein Termin im Nacken... Seitdem schaue ich mir meine Mitmenschen an der Ampel genauer an. Die einen eilen - nach kurzem Seitenblick auf den Verkehr - direkt über die Straße. Andere schauen auf die Uhr, scharren mit den Füßen, schauen unruhig um sich, mancher versucht es auch mit ungeduldigen Schlägen auf den gelben Knopf... Kaum jemand scheint die kurze Wartezeit gelassen zu nehmen. Was ist es eigentlich, was uns so ungeduldig werden lässt? Das Gefühl, in dieser Zeit etwas Wichtiges zu verpassen? Oder sind wir schon so auf "Nützlichkeit" eingeschworen, dass solche scheinbar sinnlosen Momente schwer zu ertragen sind? Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, demnächst die rote Ampel als Gelegenheit zu nutzen. Als Gelegenheit, mal kurz zwischendrin nichts zu tun. Außer vielleicht: für ein paar Atemzüge zur Besinnung zu kommen. In der Bibel heißt es: "Meine Zeit steht in Gottes Händen" - und da kann sie ruhig mal stehenbleiben und sei es nur für zwei Minuten an der Ampel. Frederike Fleck, Pfarrerin , Trier

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