Das falsche Signal

Zum Artikel "Freude über eine neue Geldquelle" (8. Oktober) erreicht uns diese Zuschrift:

Da werden also tatsächlich die Studenten (und wohl auch alle anderen Betroffenen) zur Zahlung einer Zweitwohnungssteuer aufgefordert, um sie zu "ermutigen, ihren Hauptwohnsitz in Trier anzumelden". Der angeblich sozialdemokratische OB freut sich laut TV-Überschrift über die "neue Geldquelle". Tatsächlich glaubt man als Neu-Trierer (allerdings kein Student im Erststudium) beim Gang durch die Stadt, dass das Mittelalter im Gegensatz zur römischen Antike eher geringe Spuren hinterlassen hat. Sollten die Stadtoberen durch Erhebung des Zehnten (der Kaltmiete) da etwas nachholen wollen? Sie täten gut daran, Neu-Trierer mit anderen Argumenten zu ermutigen. Beispiele gibt es dazu in anderen bundesdeutschen Städten genug. Aber die "älteste Stadt Deutschlands" wird sich ja wohl selbst zu helfen wissen und hat sich also für die vor allem in Großstädten favorisierte Variante entschieden - denn da will man ja hin: zu neuer Größe. Als Radfahrer (und Studenten sind oftmals Radfahrer und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel) fragt man sich zudem, für welche einigermaßen akzeptablen öffentlichen Verkehrswege man zu einer "Nutzungsbefugnis" finanziell beitragen sollte - wobei auch Autofahrer sich diese Frage sicherlich und zurecht stellen. Die Gründe für einen Zweitwohnsitz mögen sehr unterschiedlich sein, in vielen Fällen aber ist diese Steuer ein politisches Signal gegen das Entstehen junger Familien in einer Zeit, in der vom Arbeitsuchenden und vom Arbeitnehmer eine immer größere Flexibilität eingefordert wird, und ein ebensolches gegen junge Menschen generell, die noch in der Ausbildung oder am Beginn ihres Berufslebens stehen - auch weil sie keine Rücksicht auf die finanzielle Situation des Betroffenen nimmt, sondern pauschal eine hohe finanzielle Leistungsfähigkeit unterstellt. Und sie ist vor allem keine "Ermutigung", sondern schlichtweg ein Druckmittel. Man sollte das wenigstens auch laut und deutlich aussprechen. Johannes Gottwald, Trier Zweitwohnungssteuer

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