Der Magier im Rathaus

Dem neuen Oberbürgermeister werden offenbar magische Kräfte zugeschrieben. Schon Monate vor seinem Amtsantritt wurde Klaus Jensen von Institutionen, Verbänden und Vereinen sowie von vielen Bürgern mit der Bitte angesprochen, in verschiedenen Angelegenheiten zu helfen.

Und kaum hatte Jensen am 2. April sein Amt angetreten, da flatterte ihm bereits ein umfangreicher Forderungskatalog der Industrie- und Handelskammer (IHK) auf den Tisch. Der OB ist in diesem Fall in doppelter Hinsicht der richtige Ansprechpartner: zum einen als Chef der Verwaltung, zum anderen als Verantwortlicher für wirtschaftliche Belange. Gleichwohl dürfte Jensen erstmal kräftig geschluckt haben angesichts der praktisch unverdaulichen Happen, die ihm die Kammer serviert hat. Beispielsweise ist es ein offenes Geheimnis, dass sich der Rathauschef mit dem Thema Moselaufstieg noch nie so recht anfreunden konnte. Genau den fordert aber die IHK. Zweites Beispiel für die schwere Kost: Nach Ansicht der Kammer ist die Fortführung des Regionalbahnkonzepts wenig Erfolg versprechend. Demgegenüber hat Jensen stets betont, sich für die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs einsetzen zu wollen. Prallen da also zwei Welten aufeinander? Sucht die IHK nach der Konfrontation mit der CDU in Sachen Baudezernentin nun die Auseinandersetzung mit dem neuen OB? Das muss nicht so sein. Wer den umfangreichen Katalog der Kammer richtig liest, der erkennt darin eher eine Wunschliste. Und es ist völlig legitim, seine Vorstellungen zu formulieren. IHK-Chef Peter Adrian und IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel dürfte klar sein, dass vieles von dem, was sie verlangen, nicht bezahlbar sein wird. Aber man wird ja noch die politischen Absichten der Rathausspitze abklopfen dürfen, mögen sie sich gedacht haben. Am Ende wird es so sein wie immer: Man führt Gespräche, sucht Kompromisse und einigt sich möglicherweise. So hat es die IHK auch mit der CDU gehalten, denn nach den Dissonanzen aufgrund der Baudezernentin-Wahl wurde heimlich, still und leise der Kontakt zu CDU-Fraktionschef Berti Adams wieder aufgenommen. Ob Klaus Jensen aufgrund der IHK-Forderungen, die er zum Teil als Provokation empfunden haben dürfte, ähnlich verschnupft ist wie Adams? Bislang hat er einen Kommentar abgelehnt. Frank Giarra

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