Der Tag der Entscheidung: Proporz oder Kompetenz?

Öffentliche Schauläufe vor strengen Juroren sind Quotengaranten der privaten Fernsehsender. Die Zuschauer lieben es, wenn die Jury hart zuschlägt, den Kandidaten regelrecht auseinandernimmt und dessen Zusammenbruch provoziert.

Im Trierer Rathaus wird es heute hoffentlich friedlicher zugehen.

Die Öffentlichkeit ist nicht mit dabei, wenn zehn der Kandidaten für die beiden offenen Dezernentenposten ihren Vorstellungsmarathon vor den Ratsfraktionen absolvieren. Ein Test der Kompetenz und des Nervenkostüms. Am 29. Oktober wird der Rat sich entscheiden, wer die Dezernate Wirtschaft/Kultur und Soziales/Jugend/Sport übernehmen soll.

Trier erinnert sich noch sehr gut an seine jüngste Dezernentenwahl. Die damalige Ratsmehrheit aus CDU und UBM setzte 2007 die heutige Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) gegen alle Kritik, die nicht nur aus dem politischen Umfeld kam, durch. Eine Wahl, über die man in Trier heute noch intensiv diskutiert. Es geht um eine klare Kernfrage: Welcher Faktor entscheidet eine Dezernentenwahl - die persönliche und fachliche Eignung oder das Parteibuch?

Die Wähler in Trier müssen dem von ihnen bestimmten Stadtrat die Entscheidung überlassen. Aber sie werden mit Sicherheit - noch intensiver als 2007 - verfolgen, ob hier die Kompetenz entscheidet oder das Motto "Wir setzen unseren Kandidaten durch." Wird die SPD den Kandidaten ihres Bündnis-Partners FDP, Thomas Egger, im Rennen um das Amt des Wirtschafts- und Kulturdezernenten unterstützen oder sich im Fall einer nachweisbar besseren Eignung für den renommierten Unternehmensberater Martin Fontanari entscheiden? Und hat die norddeutsche Ex-Ministerin Angelika Birk überhaupt eine Chance gegen den Trierer Grünen Reiner Marz?

SPD-Chefin Malu Dreyer hat betont, ihre Partei werde "allein nach Kompetenz und Teamfähigkeit" entscheiden. Nur hätte sie im Fall eines Scheiterns des Ampel-Bündnisses keine Mehrheit mehr im Stadtrat.

Der 29. Oktober wird nicht nur zeigen, wer in den Trierer Stadtvorstand einzieht. Er wird auch zeigen, wie konsequent die Parteien Proporz von Kompetenz trennen.

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