Die Ära Jensen beginnt

Eine aufregende Woche neigt sich dem Ende entgegen. Nach der glanzvollen Abschiedsgala von Oberbürgermeister Helmut Schröer in der Arena beginnt ein neues Zeitalter in der Trierer Stadtpolitik. Am Montag tritt Schröers Nachfolger Klaus Jensen sein Amt als Verwaltungschef und Erster Bürger der Stadt an.

Ein halbes Jahr lang hat Jensen seit der Wahl Ende September 2006 warten müssen, nun kann er loslegen. Er ist der erste OB der Nachkriegsgeschichte, der nicht der CDU angehört. Er wird gerade deshalb zunächst beweisen müssen, dass er es mit seiner "Unabhängigkeit", die er im Wahlkampf erfolgreich postuliert hat, ernst meint. Das Misstrauen der Stadtratsfraktionen von CDU und UBM in dieser Hinsicht ist groß, wie die noch immer nicht ganz ausgeräumten Streitigkeiten bei der Wahl der Baudezernentin deutlich gezeigt haben. Verwundern kann Jensen das nicht, ist er doch SPD-Mitglied und hat kürzlich noch am Parteitag der Trierer Sozialdemokraten teilgenommen. Das verträgt sich schlecht mit dem Attribut "unabhängig". In der Ära Schröer war es so, dass der OB stets an den Fraktionssitzungen der CDU teilnahm und diese als Erstes mit Infos aus der Verwaltung versorgte. Dabei wurden sicherlich auch Hintergründe erörtert, die den anderen Fraktionen nicht immer zugänglich gemacht wurden. So funktioniert das nun mal, wenn man die Macht im Stadtvorstand und im Stadtrat hat. Es wird spannend sein zu beobachten, wie Klaus Jensen das handhaben wird. Ob er zunächst bei der SPD vorstellig wird? Jensen hat es selbst in der Hand, das Misstrauen von CDU und UBM zu zerstreuen. Dabei müsste er allerdings geschickter vorgehen als bei der Baudezernentin-Wahl. Einen Tag vor der Stadtratssitzung schrieb er nämlich allen Stadträten einen Brief, in dem er nicht nur für die von ihm präferierte Kandidatin Beatrice Soltys warb, sondern auch mit versteckten Drohungen operierte. Da war die Rede von "Gräben", die sich vertiefen könnten, und einem "vorgezogenen Kommunalwahlkampf". Das Ergebnis ist bekannt: Viele Stadtratsmitglieder der CDU und der UBM fühlten sich unter Druck gesetzt - und entschieden sich nicht im Sinne des neuen OB, sondern für Simone Kaes-Torchiani. Die spannendste Frage für die kommenden Monate lautet nun: Setzt Klaus Jensen auf Kooperation oder läutet er selbst den Kommunalwahlkampf ein? Frank Giarra

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