Die Qual mit der Wahl

Als der Gesetzgeber die Direktwahl von Bürgermeistern einführte, wollte er Ihnen nicht nur ein stärkeres Gewicht im kommunalen Kräftespiel geben, sondern Ihre Wahl auch von den Mehrheitsverhältnissen in den Kommunalparlamenten unabhängig machen.

Eine logische Konsequenz ist die Tatsache, dass die Mehrheit im Kommunalparlament eine andere sein kann als die Mehrheit, die den Bürgermeister gewählt hat. Dass das auch so sein könnte, zeigt die Tatsache, dass Bürgermeister und Kommunalparlament in zwei sachlich getrennten Wahlgängen gewählt werden. Das Kommunalparlament hat ein eigenes repräsentatives Mandat, das sich keineswegs dem vom Bürgermeister bevorzugten Farbenspiel anpassen muss. Gerade von einem Oberbürgermeister, der wie Herr Jensen als unabhängiger Kandidat aufgetreten ist, darf man erwarten, dass er das eigenständige Mandat des Kommunalparlaments respektiert und auch mit einer Mehrheit zurechtkommt, die ihm nicht gerade ans Herz gewachsen ist - zumal, wenn auch Wähler dieser Mehrheit zu seinen eigenen Mehrheitsbeschaffern gehört haben, wie es in Trier offenkundig ist. Doch jetzt, wo es um die Wahl zwischen den beiden Bewerberinnen um das Baudezernat geht, die von 42 übrig geblieben sind, reagiert er empört auf die Wahlabsichten der Stadtratsmehrheit. Und wider allen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie tut er so, als habe seine Wahl zum OB den Mandatsträgern des Stadtrates ein imperatives Mandat erteilt. Die Generalprobe auf die Unabhängigkeit des OB Jensen nach dem Motto: "Augen links! Alles hört auf mein Kommando!" ist schief gegangen. Für die Zukunft kann man dem neuen OB nur raten: rotgrüne Parteibrille absetzen! Zurück zur Unabhängigkeit! Meinhard Lentz, Trier

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