Farbe bekennen

Zum Artikel "Der Gelehrte und die Geladene" (TV vom 14. Januar):

Selbst auf die Gefahr, es mit Frau Dreyer zu tun zu bekommen, ändert sich für mich nichts daran, dass sich ihr Mann mit seinem Versprechen, das begehrte Amt des OB als Unabhängiger führen zu wollen, ohne Not in eine schwierige Lage manövriert hat. Denn nach der rheinland-pfälzischen Kommunalverfassung gehört der Oberbürgermeister kraft Amtes als stimmberechtigter Vorsitzender dem Stadtrat an und so musste er wissen, dass dort laufend Beschlüsse gefällt werden, bei denen er immer wieder würde Farbe bekennen müssen. Diese starke Stellung des OB im Stadtrat geht übrigens auf die Preußenzeit zurück und diente damals der Disziplinierung der Räte. Heute verstößt die längst überholte Regelung gegen die Gewaltenteilung im Grundgesetz. Einige Bundesländer haben daher im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz Rat und Verwaltung in den Beschlussgremien ihrer Kommunen voneinander getrennt. Neuerdings kommt als problematisch die Urwahl des Oberbürgermeisters hinzu. Schuld darin ist, dass nun Rat und OB getrennt, zu verschiedenen Zeiten und unter anderen politischen Voraussetzungen und Erwartungen ihrer Klientel gewählt werden, und dies zu Lasten einer unumgänglich harmonischen Zusammenarbeit. Hiermit jedenfalls muss sich ein nachträglich gewählter Oberbürgermeister abfinden und in unserem Fall zusätzlich damit, dass er, solange die gegenwärtige Verzahnung von Rat und Verwaltung besteht, mit der versprochenen unabhängigen Amtsführung immer wieder ein Problem haben wird und nicht so sehr der Stadtrat. Er täte also gut daran, seiner Glaubwürdigkeit zuliebe, sich unter Respektierung der im Stadtrat vorgefundenen möglichen Mehrheitsverhältnisse im Rat entsprechend zu positionieren. Karlheinz Steinlein, Trier SPD-Neujahrsempfang

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