Flüssiges Gold im Schlauch

Was gibt es Schöneres als einen lauen Sommerabend mit einem kühlen Viez? Nix! Am liebsten sitze ich mit meiner Bärbel abends auf der Terrasse, sie kocht uns was Leckeres und anschließend plaudern wir über Gott und die Welt und trinken das ein oder andere Pörzchen.

Herrlich! Aber wie Frauen so sind, reicht das meiner Bärbel nicht. Sie sagt, das sei langweilig, immer nur zu Hause zu sitzen. Also ließ ich mich doch diese Woche tatsächlich von ihr dazu überreden, mal durchs Städtchen zu schlendern. Ich wär' ja lieber ins Grüne gegangen, hab mich aber davon überzeugen lassen, dass so ein abendlicher Stadtspaziergang sehr entspannend sein kann. Ich bin natürlich nur unter der Bedingung mitgegangen, dass wir unterwegs noch irgendwo einkehren. Also ließen wir uns in der Nähe des Stadt-Wahrzeichens nieder, bestellten Viez für mich und ein Weinchen für meine Holde. Ich muss zugeben: Es war wirklich sehr schön, fast wie im Urlaub. "Ach, Bärbelchen", dachte ich, "du hattest mal wieder recht: Man sollte das heimische Viezreich tatsächlich ab und zu verlassen." Dachte ich, bis die Bedienung uns die Rechnung präsentierte. Wollte die doch 2,30 Euro für eine Porz. Mir blieb - was selten passiert - die Spucke weg. "Fast fünf Mark für eine Porz Viez", schimpfte ich entrüstet. "Es gibt keine Mark mehr", maßregelte Bärbel mich. Sofort stand mein Entschluss fest: Mit mir nicht mehr! Hätte ich doch bloß meine Bärbel ins Grüne entführt. Am Stammtisch haben meine Kumpels nämlich erzählt, dass in den lauschigen Anlagen der Kleingartenvereine paradiesische Verhältnisse herrschen, nicht nur was die Vegetation betrifft: Dort gibt es Viez für 1,10 Euro. Das sind Zahlen! Also Bärbel, beim nächsten Mal ist klar, wo die Reise hingeht. Und spätestens wenn der Sommer dann zu Ende geht, werd' ich den Geheimtipp von meinem Freund Pitter ausprobieren. Der hat neuerdings einen Haus- und Hoflieferanten. Pitter bekommt seinen Stoff von einem cleveren Winzer von der Mosel. Der fährt alle zwei Wochen mit seinem Transporter nach Trier und beliefert seine Kunden mit kleinen, grünen Pappkartons. Darin versteckt sich ein Weinschlauch mit dem flüssigen Gold. Soll praktisch sein, sagt Pitter: Bag-in-Box (so heißt das neumodische Ding) in den Kühlschrank, Zapfhahn raus, Porz drunterhalten, fertig. Und schmecken soll das Zeug auch noch. Damit meine Bärbel nicht zu kurz kommt, bekommt sie von mir auch so einen Schlauch, gefüllt mit leckerem Rotwein. In Frankreich soll's das ja schon lange geben.

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