Ich bleibe wie ich bin

Klima-Krise, Koalitions-Krise, Irak-Krise. Krisen, Krisen. Das ganze Leben scheint nur noch aus Krisen zu bestehen. Doch die sind alle nichts gegen die, die mir in den nächsten Monaten bevorsteht. Oder angeblich bevorsteht.

Die Mitte-des-Lebens-Krise. Besser bekannt als Midlife Crisis, die vor allem Männer um die 40 befallen soll. Und in ein paar Monaten ist es soweit: 40. Rein rechnerisch habe ich dann die Hälfte meines Lebens hinter mir. Oder eigentlich bereits mehr als die Hälfte. Denn die Lebenserwartung der Männer liegt derzeit bei etwa 78 Jahren. Doch bis jetzt noch keine Spur von irgendeiner Krise (die zunehmend grauen und lichteren Haare machen mir keinen Kummer, und mein Gewicht war noch nie ideal). Mir geht es gut. Warum also eine Krise bekommen? An meinem bisherigen Leben kann ich eh nichts mehr ändern. Und ehrlich gesagt, habe ich auch keine Lust, künftig etwas anders zu machen. Warum sollte ich mich plötzlich auf ein Surfbrett schwingen (auf dem ich mich angesichts meines Gewichts wahrscheinlich eh nicht halten könnte), warum sollte ich halb nackt (was mindestens ebenso lächerlich aussähe wie das Surfen) auf einer Motoryacht herumschippern oder im engen T-Shirt (grins) in die Disco gehen (in der letzten war ich vor 22 Jahren) oder mich sonst irgendwie zum Affen machen, nur um zu zeigen: Ich fühle mich jung, hipp und bin in? Wie heißt es doch in der Werbung: "Ich will so bleiben, wie ich bin." Ich pfeif' auf die Mitte-des-Lebens-Krise. Denn, wie ich gerade gelesen habe, gibt es sie gar nicht, eine Pseudowissenschaft sei sie. Na, Gott sei Dank. Da frage ich mich nur, von was einige Bekannte in meinem Alter derzeit befallen sind? Bernd Wientjes In der Kolumne "Guten Morgen" beschreiben wechselnde Autoren ihre Gedanken zum Tag.

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