LEUTE IN STADT UND LAND

TRIER. (hil) Aribert Kopnarski lagert Erinnerungen schubladenweise. 50 Jahre Karneval und einiges mehr stecken bei ihm im Schreibtisch. In diesem Jahr feiert das Heuschreck-Urgestein sein stilles Jubiläum.

"Das ist ja der reine Wahnsinn", staunt Kopnarski. "Was sich mit der Zeit so alles ansammelt. . ." Er schüttelt fast ungläubig den Kopf, während er in einem der Papierhaufen blättert, die er aus seinem Arbeitszimmer mit in die Stube gebracht hat. Fotos, vergilbte Manuskripte, Schmierzettel voller Ideen, Zeitungsausschnitte aus den letzten 50 Jahren huschen binnen Sekunden unter seinen Fingern durch. "Ich habe alles aufbewahrt", meint er ein wenig stolz, ohne scheinbar wirklich zu wissen, wie viel Papier sich so in den letzten fünf Jahrzehnten in Schubladen, Schränken und Kartons angesammelt hat. 1954 habe er mit dem Karneval begonnen, erzählt er und zieht einige mit Schreibmaschine beschriebene Blätter aus dem Stapel. Er erinnert sich. Ein kurzes Grinsen. Dann legt er sie beiseite. Damals ist er über einen Freund zum Heuschreck gekommen und hat dort bald seine erste politische Bütt gehalten - noch im schwarzen Ochsen am Hauptmarkt. "Seitdem bin ich dabei." Jedes Jahr in einer anderen Rolle. Mal als Bundespressesprecher, mal als Küchenchef im Bundeshausrestaurant. Ein anderes Jahr als Förster Horn, wieder ein anderes als Bundeshauspsychiater, als ehemaliger Parlamentarier oder als Oberkellner. Waren früher Adenauer, Mende, Schumacher und Wehner, Erhardt, Strauß, Kiesinger und Brandt die Ziele seiner karnevalesk-kritischen Angriffe, sind es heute der "grüne Läufer Joschka", die "rote Socke Gerhard", der gräflich beschäftigte Rudi und andere bekannte Berliner Damen und Herren, die der mittlerweile 72-Jährige durch den Kakao zieht. Aber auch anderes, mehr oder minder Aktuelles hat der im "zivilen" Leben früher als Krankenhausdirektor in Bernkastel-Kues arbeitende und heutige Rentner zum Anlass für Gedichte, Lobreden, Vorträge genommen. "Irgendwann hatte ich zum Beispiel ein Geschwür am Hintern." Kopnarski lacht und zieht aus einem Ordner ein mit fetten Maschinenbuchstaben beschriebenes Papier, das beinahe als Pergament durchgehen würde - annähernd so alt scheint es. "Ein Geschwür sitzt mir am Hintern, wird vielleicht dort überwintern. Es ist eins der gemeinen Sorte, an einem ganz gemeinen Orte", hatte er damals seine missliche Situation in Verse gefasst. Noch heute kann er sich ein Grinsen nicht verkneifen, während er die folgenden drei Strophen rezitiert. "Und die Moral von der Geschicht´: Wer dort eins hat, der setzt sich nicht." Greift dieses Opus eher Triviales auf, war es in den politischen Karnevalsreden Kopnarskis stets die bissige Kritik, der Funken Wahrheit, der den gebürtigen Ostpreußen, der heute in Mehring lebt, zu einem gefragten Mann in der Bütt machte. Oft im Radio gesendet, zwei Mal im Fernsehen übertragen und ab und an gar von der Mainzer Jecken-Konkurrenz der guten Ideen beklaut, gehörte Aribert Kopnarski über Jahrzehnte zur ersten Liga des rheinland-pfälzischen Karnevals. Elf Jahre davon als Präsident des Landesverbandes Rhein-Mosel-Lahn im Bund Deutscher Karneval. Ganz nebenbei war Kopnarski jahrelang im Elferrat bei der KG Heuschreck, stand viele Jahre als Vizepräsident an der Spitze des Vereins, saß im Gemeinderat, im Verbandsgemeinderat, im Trierer Stadtrat, gründete die Schützenbruderschaft Mehring und nahm für sein Engagement 1991 das Verdienstkreuz am Bande von Bundespräsident Richard von Weizsäcker entgegen. Ganz nebenbei, versteht sich… Denn an erster Stelle ist er Jeck auf Lebenszeit.

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