Männer und Technik

Ich gestehe, wenn ich mich nicht auskenne, frage ich erst nach dem Weg, wenn ich mich komplett verfranst habe. Das ist nicht vernünftig, aber typisch männlich. Daraus könnte man schließen, dass ich in technischen Dingen - weil es ja auch männertypisch sein soll - halbwegs versiert bin.

Diesen Schluss zog ich auch, als ich ein altes Computerspiel entdeckte, dass so uralt war, dass mein Computer nicht mehr damit spielen wollte. So drehte und verstellte ich also fröhlich alles, und das Vorurteil betreffs Technik schien sich zu bestätigen.

Irgendwann lief das Ding. Ich muss zugeben, es war langweilig, so dass mich mein Spieltrieb nach wenigen Stunden wieder verließ. Ich hörte also auf mit dem Unsinn, und von dieser Sekunde an begann mein Selbstbild zu bröckeln.

Denn als ich das Spiel beendet hatte, ging gar nichts mehr. Mein Computer sagte mir, ihm sei irgendeine Videofrequenz zu hoch, was nichts anderes bedeutet, als dass man auf dem Bildschirm nichts mehr sieht und also auch keine Einstellungen mehr ändern kann. Ich war festgefahren.

Um meine Männlichkeit halbwegs zu retten, fragte ich zunächst mal niemanden, der sich auskennt. Es half, wen wundert's, nichts. Nach mehreren Stunden vergeblicher Versuche und einer Nacht mit Grollen im Bauch, musste ich fragen. Zumindest ein bisschen: Nur den ersten Schritt ließ ich mir erklären, und als der funktionierte, wurschtelte ich - wieder ganz Mann - einfach weiter. So lange, bis mein Rechner gar nichts mehr konnte. Ich schlief noch einmal darüber, um mich dann schweren Herzens in mein Schicksal zu fügen, mich von all meinen Texten und Unterlagen, die gespeichert waren, in leiser Trauer zu verabschieden und alles vom Betriebssystem aufwärts neu zu installieren.

Und von dieser Sekunde an begann mein Selbstbild sich wieder zu festigen. Denn alles funktioniert wieder, und so kann ich jetzt mit Fug und Recht behaupten: Ich bin doch ein richtiger Mann.

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