Oberbürgermeister im Fokus

Ein merkwürdiges Politikverständnis hat in dieser Woche Oberbürgermeister Klaus Jensen offenbart. Der heftige Streit um die zeitliche Verschiebung des Haushaltsbeschlusses für das Jahr 2009, die Jensen den Fraktionschefs im Stadtrat vergangene Woche schriftlich (!

) mitgeteilt hatte, fand seinen Höhepunkt darin, dass Jensen einen "unanständigen" Stil der CDU beklagte. Die Union habe ihn in einer Pressekonferenz öffentlich attackiert, ohne zuvor mit ihm zu sprechen. Der OB sieht in dieser Aktion einen Angriff auf seine Person. Es sei nicht um die Sache gegangen, sondern darum, ihn zu beschädigen. Eine Argumentation, die sich auch - wenig verwunderlich - SPD und Grüne zu eigen machten.

Darf ein Oberbürgermeister also von anderen Parteien nicht öffentlich kritisiert werden? Steht er etwa nicht so im Fokus wie beispielsweise die Riege der CDU-Dezernenten, die sich in der Vergangenheit mehrfach heftige Kritik von SPD und Grünen gefallen lassen mussten? Ist der OB kraft seines Amtes sakrosankt? Das kann ja wohl nicht sein! Die Trierer CDU hat, ebenso wie später die UBM, die aus ihrer Sicht sehr nachteiligen Konsequenzen aufgezeigt, die eine Verabschiedung des Haushaltes erst im März 2009 gehabt hätte. Betrachtet man die Tatsache, dass der Haushalt 2008 erst am 13. August in Kraft getreten ist und dass dadurch viele Investitionsprojekte in den Bereichen Infrastruktur, Schulen, Kultur oder Sport nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung im Haushaltsvollzug umgesetzt werden können, erscheinen die Befürchtungen berechtigt. Folglich ist es das gute Recht einer Partei, auf solche Missstände hinzuweisen. Und in diesem Fall ist der Oberbürgermeister als Kämmerer und Verantwortlicher für das Wirtschaftsdezernat erster Ansprechpartner.

Der offenbar dünnhäutige OB wäre gut beraten gewesen, mit den Fraktionen zu sprechen, anstatt ihnen lediglich zu schreiben. Dann hätte der Unmut intern ausgeräumt werden können. Das hat Jensen nicht getan und muss sich nicht wundern, wenn er öffentlich kritisiert wird. Immerhin scheint die Kritik nicht unberechtigt gewesen zu sein, sonst wäre der Beschluss über den Haushalt 2009 wohl kaum doch auf Ende Januar vorgezogen worden.

f.giarra@volksfreund.de

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