Risiken und Nebenwirkungen

Fast alle Werbungen im Fernsehen befassen sich mit Fragen der Lebensbewältigung; viele enden wie die Überschrift andeutet. Für jede Lebenslage und -frage gibt es Ratgeber. Entsprechende Regale in Buchhandlungen quellen über.



Jede Zeitung und Zeitschrift hat Rubriken mit Ratschlägen von Fachleuten für alle Lebensbereiche: für Ernährung die Ernährungsberaterin, für Erziehung die Erziehungsberatung, fürs richtige Benehmen die Benimmtrainerin, für Kleidung und Make-up die Stil- und Farbberaterin, für Freizeit der Antistressberater, für Urlaubsplanungen der Reiseratgeber, für die Fahrt dorthin der Stauberater.

Natürlich kann es sinnvoll sein, sich Hilfe zu suchen. Aber die vielen Angebote erwecken den Anschein, das Leben sei so kompliziert, dass es nicht normal oder zumindest sehr risikoreich sei, nicht ständig professionellen Rat einzuholen und regelmäßig den Fachmann oder die Fachfrau aufzusuchen.

Dies ist problematisch. Zum einen werden Menschen unselbständig. Sie greifen immer nach dem entsprechenden Ratgeber, statt den eigenen Gedanken und Empfindungen zu trauen. Zum anderen bekommen die Fachleute eine ungeheure Macht über Menschen, die leicht missbraucht werden kann.

Es entsteht eine Abhängigkeit bis hin zu tatsächlicher Lebensuntüchtigkeit.

Ich möchte eigenverantwortlich entscheiden, wann ich was esse und trinke, wann ich mit dem Rad zur Arbeit fahre oder doch mal mit dem Auto.

Dabei möchte ich selbst die Risiken und Nebenwirkungen ausloten.

Und ich wünsche mir Menschen, die sich auf ihre Talente und Fähigkeiten besinnen, die in größtmöglicher Selbstständigkeit, Unabhängigkeit, Freiheit und sozialer Verantwortung selbst abwägen, welchen Weg sie in ihrem Leben gehen.

Ingrid Müller ist Pastoralreferentin in Trier.

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