STADTGESPRÄCH

Den "guten, alten Zeiten" nachzuweinen, gilt in gewissen Kreisen nicht als besonders chic. Schließlich soll der Blick und alles Bestreben stets dynamisch nach vorn gerichtet sein. Wer inne hält oder gar wehmütig zurückblickt, hat verloren.

Dabei gibt es Dinge, die zwar überholt sind, aber nicht unbedingt besser geworden sind. Man muss dabei nicht nur an die Bahn denken, die - dynamisch und innovativ - mit ihrem neuen Tarifsystem ihre treuesten Kunden verprellt. Fahrkartenschalter werden abgebaut, Tarifsysteme so gestaltet, dass selbst die eigenen Leute nicht mehr wissen, wie der einzelne Kunde am günstigsten fährt. Auch die Post setzt alles daran - den Blick unbeirrbar nach vorne gerichtet -, den eigenen Ruf zu verspielen und den Leuten die Lust am Briefe schreiben zu vermiesen. Denn diesen Effekt hat es, wenn flächendeckend Briefkästen abmontiert werden. Besonders oft leben "die guten, alten Zeiten" natürlich in Einrichtungen wie dem Mutter-Rosa-Altenzentrum auf. Um so mehr, nachdem auch dort ohne Vorwarnung der gelbe Briefkasten entfernt worden ist. Viele der Bewohnerinnen und Bewohner sind nahezu immobil und auf den nahen Briefkasten angewiesen. Und so war der fragliche Briefkasten stark frequentiert und häufig sogar überfüllt. Die Leitung des Hauses reagierte mit Protest - und mit Galgenhumor: "Wir unterstellen Ihnen einen Irrtum", heißt es im Brief an die Deutsche Post AG. "Dessen ungeachtet sollten Sie dankend anerkennen, dass wir als Postablagestelle Dienste für Sie übernehmen, die nicht honoriert werden." r.n./

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