STADTGESPRÄCH

Ins Kino geht man traditionell gerne mit Begleitung. Meistens mit Partner, Partnerin oder Clique. Die Bistumszeitung "Paulinus" ermöglicht nun ein kinematographisches Erlebnis besonderer Art: Ein Kinobesuch mit dem Bischof. Und das auch noch gratis.Wer nun erbauliche Kost erwartet hätte, liegt falsch. Nicht etwa zu "Don Camillo und Peppone" lädt Reinhard Marx ein, sondern zur Entscheidungs-Schlacht um Mittelerde. Am Donnerstag hat der Paulinus die komplette Abendvorstellung im Broadway gemietet. Wenn der Herr im Himmel schon immer weniger treue Anhänger in seine heiligen Hallen zieht, dann muss eben der "Herr der Ringe" für einen vollen Saal bei einer katholischen Veranstaltung sorgen.Nun gilt der Roman des bekennenden Christen Tolkien durchaus als kompatible Lektüre für Rechtgläubige, aber zumindest die filmische Umsetzung ist keineswegs unumstritten. Die blutigen Gemetzel-Szenen des Regisseurs Peter Jackson, der seine ersten Meriten mit berüchtigten "Splatter-Movies" sammelte, sorgten keineswegs für ungeteilte Begeisterung. Der Bischof und sein Paulinus preisen dagegen in der Einladung "fantastische Kulissen, perfekte Spezial-Effekte und überragende Schauspieler". In den anderen Szenen empfiehlt sich wahrscheinlich, was ein guter Katholik in Zeiten wie diesen bei Film und Fernsehen sowieso die halbe Zeit tun muss: Augen zu und durch. Derweil empfehlen gesetztere Kirchenleute wie der Hildesheimer Bischof Homeyer, doch eher der Weihnachtsgeschichte Aufmerksamkeit zu widmen als dem Herrn der Ringe. Die progressive Fraktion bei den Kollegen Protestanten hat hingegen bereits angekündigt, die Luther-Bibel in Harry-Potter-Sprache neu zu übersetzen. Das mag manchem denn doch zu weit gehen. Bischof und Paulinus aber könnten die Reihe von Gratis-Kinobesuchen zur festen Einrichtung machen. Tipp für die nächste Runde: "Das Wunder von Bern", der Titel klingt schon geradezu biblisch, und ein Fußball-Gott namens Toni Turek kommt auch drin vor. Dieter Lintz

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