STADTGESPRÄCH

An folgender Geschichte ist nichts frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind leider alles andere als zufällig. Trier, diese Woche, an einem ganz normalen Vormittag. "Guten Tag!", begrüße ich die Schusterin.

"Ich möchte die Absätze dieser Schuhen erneu…" - "Name!", herrscht sie mich an. Wie hilfreich, dass ich gute Laune habe. Ich antworte freundlich. "Und hier ist ein Riemen kaputt. Könnten Sie…" - "Mittwoch!", raunzt sie und hält mir ohne aufzublicken den Abholzettel entgegen. Nächste Station: eines der Kaufhäuser. Ich suche einen bestimmten Stift. "Dafür ist meine Kollegin zuständig!" Die Verkäuferin deutet auf eine Dame neben sich, die seelenruhig weiter in Unterlagen herumkramt. Worte wie "Augenblick noch, bitte"? Abstruse Idee! Auf zur Post. Es ist Mittagszeit, und die meisten Schalterbeamten machen Pause, während halb Trier eben diese nutzt, um Briefmarken zu kaufen. Folge: Eine Schlange bis zur Tür hinaus. Endlich an der Reihe, lege ich dem Beamten Briefe und Päckchen hin, er kassiert - und verschwindet im Nebenraum. Vor mir auf dem Schalter liegt mein Paket. Groß, gelb, unübersehbar. Und unfrankiert. Hat er es vergessen? Ein Kollege holt ihn zurück. Einziger - muffeliger - Kommentar: "Hab‘ ich nicht gesehen." Das ist doch zum K….! Wo ist das nächste Klo? Ich lege dem Toilettenmann 50 Cent in seinen Teller und grüße freundlich. Er blickt nicht einmal auf. Ist heute eigentlich Vollmond? Dann der Höhepunkt meiner Safari durch die Trierer Dienstleistungswüste: Ich möchte ein T-Shirt bezahlen. Mit einer Karte, die zehn Minuten zuvor anstandslos ihren Dienst verrichtet hat. Anders diesmal. Wohl kein Geld auf dem Konto, mutmaßt die Verkäuferin. Nur nicht provozieren lassen! Lächelnd reiche ich eine andere Geldkarte über die Theke. Dann zwei Kreditkarten. Nichts. Die Frau an der Kasse bleibt dabei: "Mit Ihren Karten stimmt was nicht." Das T-Shirt zurücklegen? So lange? Nö, geht nicht. Ich gehe auch. Zuhause atme ich erst einmal tief durch. Dann freue ich mich. Wie schön, dass es den Trierer Dienstleistern offensichtlich verdammt gut geht! Inge Kreutz

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