STADTGESPRÄCH

Fast ein Jahr ist es her, dass Heinz Lukas-Kindermann in den Kaiserthermen per Fesselballon ein letztes Mal in die Luft ging, bevor er seinen Abschied als Theater- und Festspiel-Intendant nahm. Im Rathaus aber scheint der streitbare Alt-Prinzipal nach wie vor Angst und Schrecken zu verbreiten.

Jedenfalls zog man es vor, den immer noch zur Hälfte in Trier Ansässigen gar nicht erst zur Eröffnung der diesjährigen Festspiele einzuladen. An Platzmangel kann es kaum gelegen haben. Kenner der Szenerie vermuten zwar, der Ex-Intendant, der seit seinem Abgang keinen Fuß mehr ins Trierer Theater gesetzt hat, hätte die Einladung allenfalls huldvoll entgegengenommen, um sie dann demonstrativ abzulehnen. Aber Lukas-Kindermann wäre nach eigenem Bekunden durchaus geneigt gewesen, "vielleicht zu kommen" - wenn man ihn denn gewollt hätte. Dass die Stadt auf Kindermanns Anwesenheit keinen übermäßigen Wert gelegt hat, bestätigt auch Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink. Der Intendant habe sich vor Jahresfrist auf eine Art und Weise verabschiedet, "die deutlich gemacht hat, dass er nichts mehr mit uns zu tun haben will". Deshalb habe man auf eine Einladung verzichtet. Die Rathaus-Ranküne erklären freilich nicht die Akribie, mit der man die Ent-Kindermannung bei den Festspielen umgesetzt hat. Keine Zeile im Programmheft, kein Wort auf der Homepage, selbst die umfangreiche Pressemappe enthält zwar die Information, dass die Antikenfestspiele "hier in Trier" gegründet worden seien, keineswegs aber: von wem. Auch der von Kindermann eingeführte markant-feminine Werbekopf hat einem neuen, vergeblich um Erkennbarkeit heischenden Corporate Design Platz gemacht. Und selbst seine jahrelang gehegten und gepflegten, allerdings nie durch Präsenz glänzenden Schirmherren Kurt Beck und Jean-Claude Juncker sind gnadenlos wegrasiert worden. Mit einem Wort: Alles, was auch nur im Entferntesten an Kindermann erinnern könnte, ist so spurlos verschwunden wie seinerzeit Alfred Hitchcocks alte Dame im Zug oder die Stalin-Büsten nach der Machtübernahme Chruschtschows. Wer weiß: vielleicht hat's den Mann in Wirklichkeit nie gegeben... Dieter Lintz

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