Schöne Künste im Schlachthof

TRIER-WEST/PALLIEN. Eine friedliche Koexistenz ist die Europäische Kunstakademie seit der Gründung durch Professor Erich Kraemer 1977 mit dem Stadtteil Trier-West/Pallien eingegangen. Zunächst startete die Künstlerkolonie im Martiner Hof als Sommerakademie, bevor der alte Schlachthof in der Aachener Straße 1993 zum neuen Domizil wurde.

Die Kunstakademie im ehemaligen Kloster Martiner Hof platzte schon bald nach der Gründung aus allen Nähten. Das Konzept von Professor Kraemer ging mehr als auf. Mit 300 Teilnehmern begann er damals den Bildungsbetrieb auf künstlerischem Sektor. Steigende Teilnehmerzahlen und zunehmende Angebote führten zu Unterbringungsschwierigkeiten, so dass einige Kurse auf benachbarte Gebäude und Institutionen ausweichen mussten. In der Festschrift zum 25. Gründungsjubiläum vor zwei Jahren berichtet unter anderem Gertrud Halik, die von Anfang an Professor Kraemer begleitete und die Teilnehmerbetreuung sowie Verwaltungsaufgaben übernahm, vom Start der Sommerakademie im Martiner Hof. Sie beschreibt eindrucksvoll die räumliche Enge und den schlechten Zustand des Gebäudes, die künstlerische Atmosphäre, aber auch die Skepsis, auf die die Künstlerkolonie zunächst bei den Palliener Bürgern stieß. Die Skepsis hat sich mittlerweile gelegt. Der Umzug des Kunstzentrums wurde durch die millionenschwere Sanierung der denkmalgeschützten Schlachthofgebäude aus dem 19. Jahrhundert am Moselufer durch Stadt und Land ermöglicht. Damit stand auch einer Ausweitung des Angebots und der inhaltlichen Ausrichtung nichts mehr im Wege. "Die Europäische Kunstakademie ist eine Bereicherung für unseren Stadtteil. Wir sind sehr stolz darauf", erklärt Ortsvorsteher Klaus Blum. Denn obwohl kaum Trierer sich für die jährlich etwa 170 Kurse der Akademie einschreiben, finden darin rund 2000 Teilnehmer aus aller Herren Länder den Weg an die Mosel und in Triers Westen. Auch die Dozenten, die Akademie-Leiterin Gabriele Lohberg für die Lehrtätigkeit gewinnen kann, reisen von weither, teilweise sogar aus Amerika, an. "Die Lage ist ideal und bietet einen hohem Freizeitwert für die Teilnehmer", findet Lohberg. Der direkte Zugang zur Mosel und die benachbarten Geschäfte machten den Standort attraktiv. "Wir sind goldrichtig hier, und die Teilnehmer genießen die Atmosphäre", sagt Gabriele Lohberg. Dennoch habe die Akademie zwei Gesichter, eines eben zur Mosel und eines in Richtung Trier-West. Die Guckkästen in der Grenzmauer an der Aachener Straße, die Passanten beim Durchschauen eigentlich illuminierte Kleinodien künstlerischen Schaffens darbieten sollen, fallen immer wieder vandalistischer Willkür zum Opfer. Das allerdings sei kein nur für Trier-West spezifisches Problem, sind sich Lohberg und Blum einig. Obwohl die Kunstakademie nun seit über 28 Jahren im Stadtteil etabliert ist, gibt es doch kaum Beziehungen zwischen der Einrichtung und den Bewohnern, außer durch Kontakte einiger Kursteilnehmer, die auf Motivsuche Menschen des Stadtteils kennen gelernt haben. Denkbar für die Zukunft, so die Vorstellungen der Akademie-Leiterin, könnte aber die Integration stadtteilorientierter Projekte und die Kooperation mit ansässigen Schulen sein. Der Ortsbeirat könnte unter anderem Überlegungen für eine bessere Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel anstellen, so Ortsvorsteher Blum. Denn bislang gibt es keine Bushaltestelle in der Aachener Straße, und die Linie 81 fährt nur abends an der Akademie vorbei. Für die Kunstschaffenden ist die Europäische Kunstakademie trotzdem ein Magnet und für einige Wochen im Jahr Mittelpunkt des schöpferischen Seins.

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