Vertrauen verspielt

Verkehrsprojekte zügig bauen und Bürgerrechte zügig abbauen: Anders lässt sich nicht beschreiben, was im Augenblick die große Koalition in Zusammenarbeit mit der Landesregierung unternimmt: Da wird ein "Investitionsrahmenplan 2006" zum Auf-und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Lande am 24. Oktober vom Bundes-Verkehrsministerium verabschiedet.

Am 27. Oktober wird fast zeitgleich das von der Öffentlichkeit bisher nicht wahrgenommene "Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz" verabschiedet. Darin werden die Beteiligungsrechte der von Großprojekten direkt betroffenen Bürgerinnen und Bürger und von ihren Vertretern in den anerkannten Naturschutzverbänden zurückgestutzt, eingeschränkt und abgebaut. Nachdem das alles nun so gut geklappt hatte, beeilt sich Landesverkehrsminister Hering auch gleich, den erneuten Planfeststellungsbeschluss des Hochmoselübergangs B 50 neu am 30. Oktober zu verkünden. Als freier und mündiger Bürger und ehemaliger Beamter muss ich mich hierzu wie folgt äußern: Einer Bundesregierung und den sie tragenden Parteien, die in dieser Weise einen Fünf-Jahres-Plan beschließen, der später Gesetzeskraft erlangen soll, spreche ich jegliches Vertrauen ab. Solche Beschlüsse gehen zu Lasten der Allgemeinheit und treiben die Neuverschuldung in die Höhe. Welcher normale Kraftfahrer fährt denn über die Hochmosel-Mautbrücke, wenn er Ausweichstrecken zur Verfügung hat? Dieser Vorgang ist ein Paradebeispiel für diese Doppelstrategie der großen Koalition. Es wird so getan, als bestünden keine grundsätzlichen und rechtlichen Schwierigkeiten beim Bau der B 50 neu. Und das, obwohl das Bundesverwaltungsgericht am 1. April 2004 entschied, für dieses Vorhaben müssten erst juristisch einwandfreie Vorarbeiten geleistet werden. Der Natur- und Umweltschutzverband BUND hatte erhebliche Mängel in der Planfeststellung beklagt und den Prozess gewonnen. Gewonnen deshalb, weil die grundsätzlichen Bedenken gegen die Eingriffe in Natur und Landschaft nicht ausgeräumt werden können. Nun kommt also ein Planfeststellungsbeschluss, ohne vorgeschaltetes erneutes Planfeststellungsverfahren mit Erörterungstermin, wie sonst üblich. Die Begründung findet sich im Beschleunigungsgesetz wieder: eine Behörde kann auf einen Anhörungstermin verzichten, wenn sie davon ausgeht, dass dieser nicht zu einer Einigung führt. Offenbar interessieren die Abgeordneten der großen Koalition die Rechte und Pflichten vieler Bürger nicht, obwohl sie EU- weit beschlossen und gültig sind. In der oben genannten IRP-Liste fehlen etliche Vorhaben, die die Bürger und Firmen vor Ort seit langem fordern: B 51 Ortsumgehung Aach/Hohensonne, oder die völlig vernachlässigte Bahnverbindung Trier-Wasserbillig. Rainer von Schütz, Langsur

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort