Wir sind das Volk

Bei den letzten Kommunalwahlen hat nicht einmal die Hälfte der Menschen von ihrem Recht Gebrauch gemacht, darüber zu entscheiden, wer die Geschicke der eigenen Stadt, der eigenen Gemeinde lenken sollte.

Schaut man in die Zeitung und verfolgt die Nachrichten, so überwiegen bei weitem Meldungen mit negativem Unterton. Die einen sprechen von stagnierender Konjunktur und reden den Wirtschaftsstandort Deutschland schlecht, werfen den Menschen vor, zuwenig zu konsumieren und zu arbeiten, die anderen fühlen sich von Sozialabbau, Lohndumping, Arbeitslosigkeit und Altersarmut bedroht. Es entsteht der Eindruck als bestehe ein Gegeneinander zwischen "dem Staat" (die politisch und wirtschaftlich Mächtigen) und seinen Bürgern. Einerseits fordern politisch Verantwortliche, jeder müsse mehr Eigenleistung bringen, um den Staat zu entlasten, sie geben den Menschen die Schuld dafür, dass die Wachstumsideologie nicht mehr funktioniert. Andererseits verstehen viele Bürger den Staat als Selbstbedienungsladen, bei dem es darauf ankommt, möglichst viel herauszuholen bei möglichst geringem Einsatz, eine Art "Schnäppchenjagd", bei der es als clever gilt, möglichst viel umsonst zu bekommen - letztlich auf Kosten aller. Vor 15 Jahren ging von dem Ruf "Wir sind das Volk" Kraft und Energie für eine friedliche Revolution aus, von dem Bewusstsein, dass der Staat die Menschen sind, die in ihm wohnen. Tausende gingen auf die Straße, um ihrem Willen zur Mitgestaltung dieses Staates Ausdruck zu verleihen. Genau das ist gefragt, wenn wir zur Wahl aufgerufen werden - Mitgestaltung und Mitverantwortung für das Ganze, in der eigenen Gemeinde und in Europa. Ingrid Müller, Pastoralreferentin

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