Wunder gibt es immer wieder

Manchmal passieren komische Dinge. So, als verschiebe sich das Sichtbare ein winziges Stück weit, um für einen Augenblick den Blick in die Welt dahinter frei zu geben…Im Urlaub war ich auf dem Jakobsweg in Südfrankreich.

Massimo, ein nicht mehr ganz junger, nicht sonderlich sportlicher und dazu noch herzkranker Pilger, war am Morgen mit riesigen Blasen unter den Füßen aufgebrochen, um die gleiche Etappe zu bewältigen wie wir. Eine anstrengende Etappe: auf schmalen, steinigen Gebirgspfaden mehrere hundert Höhenmeter hinauf, wieder hinunter, wieder hinauf, das nächste Dorf mehr als 15 Kilometer entfernt. Wir hatten ihn Stunden zuvor überholt. Ob er das schaffen würde? Und was, wenn nicht? Wir sorgten uns und liefen auf einsamen Pfaden weiter - bis zu einer Stelle, an der unser Weg ganz kurz in Sichtweite einer Straße kam, ehe er wieder zwischen blühenden Rosmarinbüschen verschwand. Dort hupte plötzlich ein Auto. Es stiegen drei Menschen aus, von denen einer humpelte - Massimo. Das wirklich Erstaunliche jedoch war, dass ich den Fahrer kannte: ein Mann, der uns etwa eine Woche zuvor in einem mindestens 150 Kilometer (!) entfernten Städtchen beherbergt hatte. Die Chance, überhaupt auf französische Bekannte zu treffen, lag bei etwa 15 zu 64 Millionen. Ich staunte. Massimo erklärte: Der Fußkranke hatte es trotz großer Schmerzen bis zum Dorf geschafft und dort vergeblich versucht zu trampen. Als er schließlich frustriert beschloss, erst mal etwas zu essen, hielt das Auto mit dem Herbergswirt und seiner Frau, die sich auf der Rückfahrt von einem Verwandtenbesuch in Montpellier befanden. Sie nahmen Massimo mit. Gerade in dem Moment, als er den beiden berichtete, dass auch wir noch auf dem Weg seien, tauchten wir in Sichtweise der Straße auf - eine halbe Minute früher oder später hätte es unser Treffen nicht gegeben. Manchmal passieren doch komische Dinge… und manchmal haben blöde Lieder recht.

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