Zierende Krone wird vom Haupt gerissen

Zu den Bau-Plänen eines Investors am Alleenring in Trier:

Schon Monate vorher setzte der Investor seine Luxusappartements auf einer überdimensionalen Werbetafel im Vorgarten der Stadtvilla aus den 20er-Jahren werbewirksam in Szene. Ein anschauliches Foto zeigt die in neuem Glanz erstrahlte Villa mit dem mächtigen abgewalmten Dach, der typischen und vorherrschenden Dachform dieses Bauensembles nach dem Ersten Weltkrieg. Erst als Nachbarn Einblick in die erteilte Baugenehmigung verlangen, kommen die wahren Absichten des Investors zu Tage. Der Villa wird, im Bestreben des Investors, nach profitabelster Anlage die zierende Krone vom Haupt gerissen. Unabsichtlich oder ein geschickt angelegtes Täuschungsmanöver? Wenn es ein "visuelles" Umweltrecht gäbe, wäre der Tatbestand der visuellen Umweltverschmutzung mit Sicherheit gegeben. Die Nachbarn, die die von der Deutschen Bau- und Grundstücks-AG (BauGrund) heruntergewirtschafteten Häuser und Wohnungen erworben haben, sind bestrebt, den denkmalwerten Altbauten den Charme wieder zurückzugeben, der in ihnen schlummert und der das Bau-Ensemble Merianstraße, Friedrich-Ebert-Allee, Ausoniusstraße so lebens- und liebenswert macht. Es schmerzt zuzusehen, wie ein Stück aus diesem Ensemble mit Brachialgewalt herausgebrochen wird. Der neue Architektenbeirat beurteilt gerade diese Investorenarchitektur, wie wir erfahren haben, mit einer niederschmetternden Beurteilung. Bei der Stadtvilla Ecke Friedrich-Ebert-Allee/Merianstrasse soll sich die Stadt erst gar nicht getraut haben, dieses Projekt dem Beirat vorzulegen. Warum nicht? Wo sind die städtischen Vertreter, die solche gestalterischen Entgleisungen Einzelner verhindern? Wo bleibt die versprochene Hilfe der Politiker? Bleiben die Betroffenheitsbekundungen doch nur leere Worthülsen, die im Lärm der Abbrucharbeiten untergehen? Und wo war die Denkmalpflege? Etwa drei Viertel der Häuser der Merianstraße sind als Einzeldenkmäler erfasst. Erfassung heißt noch lange nicht Unterschutzstellung. Ein Gutteil dieser Einzeldenkmäler, derzeit noch im Besitz der BauGrund, stehen zum Verkauf an. Was ist zu erwarten, wenn ein Investor wie vorgenannt, dieses besondere städtebauliche Ensemble aus den 20er-Jahren, das nicht insgesamt über eine Denkmalzone geschützt wird, in die Finger bekommt? Wir Anwohner appellieren an die Stadt, ihren vom Gesetzgeber eingeräumten rechtlichen Planungsrahmen nicht nur einseitig an den Interessen privater Investoren auszurichten, sondern an dem Wohl der Allgemeinheit, so wie es das Baugesetzbuch fordert. Wir fordern, das Bauensemble insgesamt zur Denkmalzone zu erklären! Martin Westphal, Trier sowie 40 weitere Anwohner

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