Heilig-Rock-Wallfahrt: Auf spektakuläre Weise unspektakulär

Trier · Mehr als 550 000 Menschen werden bis am Sonntagabend den Heiligen Rock im Dom besucht haben. Trotz des Pilgerandrangs sind die vergangenen vier Wochen in Trier völlig friedlich und ohne besondere Vorkommnisse verlaufen. Das Großereignis war auf spektakuläre Weise unspektakulär.

 Hat allen Grund zur Freude: Wallfahrtsleiter Georg Bätzing inmitten von Pilgergruppen im Dom. TV-Foto: Friedemann Vetter

Hat allen Grund zur Freude: Wallfahrtsleiter Georg Bätzing inmitten von Pilgergruppen im Dom. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Gott sei Dank - und dem Heer ehrenamtlicher Helfer ebenfalls. Ohne die fast 2400 Frauen und Männer, die sich und ihre Zeit in den Dienst der Sache gestellt haben, "wäre die Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 nicht möglich gewesen. Ihnen gebührt großer Dank", betonte Geschäftsführer Wolfgang Meyer am Freitag in der Bilanz-Pressekonferenz des Bistums. Durchschnittlich seien täglich 400 Ehrenamtliche in 19 Aufgabenbereichen von Pilgerbetreuung über Sprachdienst bis hin zu Orgateams im Einsatz gewesen. Und das bei oft ungemütlichem Wetter. Das Kultur- und Begleitprogramm zur Wallfahrt ging mit ebenfalls hohem Personalaufwand (rund 1350 Mitwirkende) einher. An den Gottesdiensten waren 1830 Ministranten und 84 Chöre beteiligt.
Gemessen an diesen Zahlen und insgesamt weit mehr als einer halben Million Pilger fällt die polizeiliche Bilanz "bemerkenswert unspektakulär" aus.
"Fast keine Kriminalität"


Laut Einsatzleiter Jürgen Schmitt wurden in vier Wochen in Triers Altstadt fünf Ordnungswidrigkeiten (vorwiegend aggressives Betteln) und 173 Verwarnungen (wegen Befahrens der Fußgängerzone) registriert; dazu kommen zwei Ingewahrsamnahmen und fünf ausgesprochene Platzverweise. Das sei "fast überhaupt keine Kriminalität", so Schmitt. Seit dem 13. April sei die "Alltagskriminalität rückläufig", was auch Polizeipräsident Lothar Schömann als Erfolg des gemeinsam mit Stadt, Feuerwehr und Bistum erarbeiteten und in täglichen Sitzungen angepassten Sicherheitskonzeptes bewertet, das mit großer Uniformiertenpräsenz einherging. So waren Streifen mit Polizisten auch aus Belgien, Frankreich, Luxemburg, Polen und dem Saarland mit von der Partie. Insgesamt hätten Polizisten 19 000 zusätzliche Einsatzstunden absolviert.

Den weitgehend störungsfreien Verkehrsablauf führt die Polizei auf die Einrichtung des Pilgerbus-Bahnhofs in der zur Einbahnstraße umfunktionierten Weberbach sowie das kostenlose Park&Ride-Angebot zurück, das rund 30 000 Menschen genutzt hätten - drei Mal so viele wie während der Wallfahrt 1996.

Malteser Hilfsdienst, Rotes Kreuz und Johanniter-Unfallhilfe waren laut Statistik mit 1142 Sanitätern (täglich 60 plus zwei Notärzte) im Einsatz und mussten in weniger als 1000 Fällen Hilfe leisten - in Anbetracht der Besucherzahl ein Klacks.

Tolle Stimmung, reibungsloser Ablauf - da kommt zum Finale Wehmut auf. "Eigentlich schade, dass die Wallfahrt fast schon wieder vorbei ist", meinte Polizeipräsident Schömann am Freitag bei einem gemeinsamen Termin mit Vertretern aller am Sicherheits- und Sanitätseinsatz beteiligten Organisationen in der Heilig-Rock-Wache (Palaststraße). Was Bischof Stephan Ackermann zu einem Scherz veranlasste: "Ich könnte ja am Sonntagabend verkünden, dass wir noch eine Woche dranhängen …" - "Oder mit dem Heiligen Rock auf Tournee gehen", setzte Wallfahrtsleiter Georg Bätzing noch eins drauf.

Bei der meistgestellten Frage "Wann ist die nächste Wallfahrt?", die dann die 21. seit 1512 sein wird, passte der Bischof.

Nachdem aber Jubiläen den Anlass der beiden jüngsten Wallfahrten geboten hatten (1996 der 800. Jahrestag der Einmauerung des Heiligen Rocks im Hochaltar im Dom-Ostchor; 2012 der 500. Jahrestag der erstmaligen öffentlichen Ausstellung) gehen Beobachter davon aus, dass es spätestens 2030 oder 2031 wieder so weit sein wird, ja sogar sein muss.
Dauerläuten vor der Verhüllung


Denn dann liegt der Kreuzestod Jesu Christi 2000 Jahre zurück. Und damit quasi auch die "Geburtsstunde" des Heiligen Rocks. Laut Johannesevangelium haben die vier römischen Wachsoldaten unter dem Kreuz um die Tunika gelost, um sie nicht aufteilen zu müssen. Experten sind allerdings uneins, wann die Kreuzigung in Jerusalem stattgefunden hat. Die am häufigsten genannten Jahre sind 30 und 31.

Die vorerst letzte Chance, die bedeutendste Reliquie des ältesten Bistums Deutschlands zu sehen, bietet sich am Sonntag nach der festlichen Abschlussvesper (Beginn 18 Uhr). Im Lauf des Abends, wenn laut Georg Bätzing "der Strom der vorbeiziehenden Pilger abebbt", wird der Schrein, in dem der Heilige Rock ausgestellt ist, verhüllt. Diesen Akt kündigt das "Läuten aller Glocken" ein, das 15 Minuten vorher einsetzt.

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