Der Pilger und sein Teller

Nirgends hat mir das Essen besser geschmeckt als auf dem Jakobsweg. Wenn ich verschwitzt und glücklich den schweren Rucksack absetzte, den Pilgerstab an einen Baum lehnte und den Blick verträumt in die Ferne gleiten ließ, wo vielleicht erstmals die Umrisse der Pyrenäen zu erkennen waren.

Wenn ich noch mal richtigen Hunger verspürte, da wurden ein einfaches Stück Brot, ein Stück Käse und Wurst zum Festmahl. Derzeit dürfte vielen Pilgern beim Anblick des in der Ferne auftauchenden Markus- oder Petrisberges das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und falls sie weder Brot noch Käse dabeihaben, ahne ich seit kurzem, woran sie dann denken. Denn ich habe mich im Pilgerzelt informiert. Nonnen greifen bevorzugt zur vegetarischen Nudelpfanne mit Pesto (acht Euro). Luxemburger hingegen sind völlig verrückt nach Schnitzel (neun Euro). Von 1400 luxemburgischen Pilgern wollten laut Caterer 1200 das Schnitzel haben! Selbst dann noch, als klar war, dass sie darauf mindestens 20 Minuten lang warten müssen. Der Rock hat schließlich Zeit. "Ech wëll een schéin Schnëtzel. Soss goen ech futti", werden sie sich gedacht haben. Manch anderer Pilger genießt derzeit Tellergerichte. Denn einige Trierer Gastronomen bieten zur Wallfahrt den Pilgerteller an - ein im aufwendig gestalteten Flyer nicht näher definiertes, jedoch vom Restaurant zusammengestelltes "Tellergericht" zum Festpreis von 12,50 Euro. Bei einem Tellergericht handelt es sich laut Definition um ein "einfaches Gericht, das auf dem Teller serviert wird". Ich bin sehr glücklich, dass Pilger dies in meiner Heimatstadt schon für 12,50 Euro bekommen können. Ohne dieses günstige Angebot müssten sie glatt verhungern. Zumal es am Domstein derzeit viel zu voll ist, um da drauf sitzend in Ruhe ein Käsebrot zu mümmeln und den Blick verträumt in die Ferne schweifen zu lassen. Und das Schöne ist: Das Essen kommt sogar auf einem Teller! Für nur 12,50 Euro. Das finde ich fast so prima, wie ein Luxemburger sein Schnitzel. In ihrer Kolumne "Trier rockt" macht sich unsere Redakteurin ihre eigenen Gedanken über die Heilig-Rock-Wallfahrt.

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